Life-stile-drugs

LIFE – STILE - PILLEN

Seit Pharmafirmen vermehrt am Aktienmarkt auftreten, dadurch viel Geld für die Forschung
erhalten, aber auch schnell daraus Gewinn machen müssen wird viel in die Erforschung
sogenannter Life-Stile-Pillen investiert. Das sind Medikamente, die ungesundes Verhalten
ausgleichen oder die Lebensqualität verbessern, ohne eine Krankheit zu behandeln. Die ersten
Ergebnisse dieser Bemühungen sind bereits in den Apotheken erhältlich:
VIAGRA
Über das potenzsteigernde Medikament Viagra wurde in den letzten Monaten in allen Medien ausführlich berichtet. Für Herzgesunde ist die Einnahme ohne Risiko, nach entsprechender Untersuchung wird Viagra auch von mir verschrieben. Warum dieses Medikament in Österreich nicht zum erwarteten Verkaufsschlager wurde, läßt sich nur vermuten. Sicher spielt der hohe Preis eine gewisse Rolle. Andererseits steigert Viagra ja nicht das Lustempfinden sondern führt lediglich zu einer länger dauernden Erektion. Dieses als „Schlankmacher“ groß angekündigte Präparat hat die hohen Erwartungen der Übergewichtigen bei weitem nicht erfüllt. Xenical wirkt durch eine Verminderung der Fettaufnahme im Darm, wodurch ein Drittel des mit der Nahrung aufgenommenen Fettes unverdaut den Körper wieder verlässt. Dieser Vorgang ist jedoch oft derartig blitzartig, dass dem Xenical-Verwender der Weg zur Toilette zu weit wird. Dieses Medikament dient also hauptsächlich dazu, dass man erkennt, was man nicht essen sollte, da man Ernährungssünden büßen muss. Da dieser Lerneffekt über tausend Schilling pro Monat kostet, dürfte Xenical nicht der erwartete Verkaufserfolg werden.
REDUCTIL
In absehbarer Zeit wird ein neues Medikament gegen Übergewicht auf den Markt kommen. Es wirkt nicht wie Xenical im Darm sondern über das Gehirn. Durch Beeinflussung des Appetitzentrums wird das Hungergefühl gedämpft. Welche Nebenwirkungen damit verbunden sein werden bleibt noch abzuwarten. Alle bisher auf den Markt gebrachten Appetitzügler hatten gravierende Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und mussten dadurch großteils wieder vom Markt genommen werden. Inwieweit Reductil hier einen neuen, nebenwirkungsarmen Wirkmechanismus aufweist, bleibt noch abzuwarten. Der Preis wird jedenfalls mit zirka tausend Schilling pro Monat hoch sein. PROPECIA

Alle bisher am Markt befindlichen Haarwuchsmittel wirken mehr oder minder dadurch, dass sie
dem Körper alle für das Haarwachstum notwendigen Substanzen in optimaler Zusammensetzung
anbieten. Mit Propecia wird ein Medikament mit vollkommen neuem Wirkungsmechanismus auf
den Markt kommen. Es verhindert die Wirkung der männlichen Hormone auf die Haarfollikel,
wodurch der Haarausfall gestoppt werden kann. Übrigens: Kahlköpfige haben nicht mehr
männliche Hormone sondern nur hormonempfindlichere Haarfollikel. Propecia hat in Studien
bei über 80 Prozent der Männer den Haarausfall stoppen können. Bei Frauen hingegen wirkt es
nicht. Der Preis wird zirka tausend Schilling pro Monat betragen. Es hat jedoch einen
elementaren Nachteil: Wenn man mit der Einnahme aufhört setzt der bisher unterdrückte
Haarausfall im Zeitraffer ein. Man hat also seine Glatze nur hinausgezögert aber nicht verkleinert.
JEDER IST SEINES GLÜCKES SCHMIED - ABER WER SCHMIEDET
DIE GLÜCKSVORSTELLUNGEN?

Was bisher den Schönheitschirurgen vorbehalten war ist jetzt also auch zum Betätigungsfeld der
Pharmaindustrie geworden. Schönheitsideale werden mit Geld und mit Nebenwirkungsrisko
erkauft. Wie bei der Schönheitschirurgie sollten jedoch auch bei den Life-Stile-Pillen die
mahnenden Worte nicht fehlen:
Wodurch unterscheidet sich der Mensch vom Tier? Nicht nur durch die Sprache und andere
kulturelle Leistungen, sondern sicher auch durch das Sexualleben. Wie ist es aber um das
Sexualleben des Menschen bestellt, wenn in der heutigen Hochleistungsgesellschaft der animalische
Teil überbetont wird oder es nur mehr mit medikamentöser Unterstützung möglich ist?
Welchem Schönheitsideal wird nachgelaufen, wenn man aussehen will wie die Damen und Herren
am Laufsteg der Modeindustrie? Medizinisch betrachtet ist ein breiter Spielraum zwischen
Normalgewicht und krankhaftem Übergewicht. Welches Übergewicht krankhaft ist hängt davon ab,
welche anderen Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen vorliegen (Blutdruck, Zucker,
Cholesterin). Und steht es wirklich dafür die Glatzenbildung mit teurem Geld und
gesundheitlichem Risiko hinauszuschieben?
Ich werde sie gerne bei den oben genannten Problembereichen individuell und fachlich kompetent
beraten. Überprüfen sie jedoch bitte selbst, ob sie ihr ureigenstes Anliegen vorbringen oder ob sie
nur durch die Werbung geweckte Bedürfnisse befriedigen wollen.
Ihr
Dr. Franz Schramm

Source: http://www.schramm.at/uploads/media/Life_Style_Pillen.pdf