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BULLETIN BUNDESREGIERUNG Nr. 04-2 vom 18. Januar 2006
Rede der Bundesministerin für Gesundheit, Ulla Schmidt,
zur aktuellen Entwicklung im Hinblick auf die Vogelgrippe und Schutzmaßnahmen der Bundesregierung vor dem Deutschen Bundestag am 18. Januar 2006 in Berlin:
Ich glaube, die Tatsache, dass wir heute über die Vogelgrippe diskutieren, hat etwas
damit zu tun, dass aufgrund der erstmaligen Erkrankung von Menschen außerhalb
Asiens, in der Türkei, das Vogelgrippevirus für viele Menschen in diesem Lande nä-
her gekommen ist und man sich nun damit ernsthafter und intensiver beschäftigt.
Die WHO hat in der Türkei Infektionen bei 20 Menschen – das ist eine große Anzahl
– festgestellt, darunter vier tödlich verlaufene Erkrankungen bei Kindern. Ich kann
vorab sicher auch in Ihrem Namen sagen, dass den betroffenen Familien und den
Freunden dieser Menschen das Mitgefühl der Bundesregierung und des ganzen
Für die Menschen in Deutschland ist die Vogelgrippe damit näher gerückt. Frau
Tackmann, an solchen Punkten stellen sich folgende Fragen: Müssen wir die Strate-
gie, die die Bundesregierung bisher eingeschlagen hat, ändern? Hat sich etwas hin-
sichtlich der Einschätzung geändert, ob Menschen stärker gefährdet sind oder nicht?
Müssen wir unsere Vorbereitungen auf eine mögliche Pandemie anpassen oder
müssen wir neue Wege gehen? Das sind die Fragen, über die wir mit den Experten,
die wir Gott sei Dank in Deutschland haben, diskutiert haben. Wir haben international
Bulletin Nr. 04-2 vom 18. Jan. 2006 / BMG – zur Vogelgrippe u. Schutzmaßn. der Bundesreg. vor BT
anerkannte Expertinnen und Experten im Robert-Koch-Institut, im Paul-Ehrlich-
Institut und auch im Friedrich-Loeffler-Institut.
Die Diskussion mit diesen Experten hat gezeigt – das wird durch die Erkenntnisse
der Weltgesundheitsorganisation und der europäischen Institutionen gestützt –, dass
es keine neue Gefährdungssituation gibt. Alle Experten sagen, dass es aktuell keine
Gefährdung der Bevölkerung gibt. Das „aktuell“ bezieht sich darauf, dass niemand
von uns wissen kann, ob in einigen Jahren eine andere Entwicklung eintreten wird.
Klar ist heute: Es gibt keine Hinweise, dass es bisher irgendwo eine Infektion von
Mensch zu Mensch gegeben hat. Es gibt klare Hinweise darauf, dass alle infizierten
Personen, auch die in der Türkei, engen Kontakt zu erkranktem Geflügel hatten. Die
Krankheit grassierte schon eine ganze Weile unter dem Geflügel in der Türkei, ohne
dass wirklich wirksame Maßnahmen getroffen worden wären. Deshalb haben Kinder
mit infiziertem Geflügel gespielt. Es handelt sich nicht um eine beginnende Pande-
Das, was Sie, Frau Kollegin Höhn, angesprochen haben, nämlich dass es bei einem
Virus-Isolat in der Türkei eine Anpassung des Virus gegeben hat, ist kein isolierter
Fall. Die gleiche Mutation hat es 2003 in Hongkong und 2005 in Vietnam gegeben.
Daher tun wir gut daran, mit den Mitteln und den Fachkräften, die wir haben, weiter
die Entwicklung auf europäischer und internationaler Ebene zu beobachten. Wir
müssen innerhalb der G-7-Staaten plus Mexiko und der gesamten Europäischen U-
nion alles Wissen austauschen und dafür sorgen, dass wir vorbereitet sind und dass
wir Maßnahmen treffen, die der jetzigen Situation angemessen sind.
Daran, dass es keine Reisebeschränkungen gibt, sehen Sie, dass es keine Gefähr-
dung der Bevölkerung gibt. Das, was wir aber tun und was richtig ist, ist, dass wir
Warnungen aussprechen und die Menschen auffordern, in fremden Ländern die Ge-
flügelmärkte zu meiden, überhaupt den Kontakt zu Geflügel zu vermeiden, weil man
nie weiß, ob ein Tier infiziert ist oder nicht. Wir fordern die Menschen auf, kein halb-
gares Geflügelfleisch zu essen, sondern nur wirklich durchgebratenes oder gekoch-
tes Geflügel, weil ansonsten ein Restrisiko besteht.
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Auch wenn es heute keine aktuelle Gefährdung gibt, kann ich sagen: Die Bundesre-
gierung hat alles getan und tut alles – soweit das überhaupt in unseren Kräften steht
–, um Maßnahmen zu ergreifen, die eine Ausbreitung und damit eine Gefährdung der
Bevölkerung verhindern. Wir nehmen die Risiken, die es gibt, sehr ernst und wir tref-
Sie haben Recht, Frau Kollegin Höhn, es gibt eine lange Diskussion zwischen Bund
und Ländern. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie uns bei dem, was wir wollten, stärker
unterstützt hätten, als Sie noch in einer Landesregierung Verantwortung trugen; denn
das ist ein langer Kampf gewesen. Ich habe diesen Kampf geführt. Es geht darum,
dass die Länder ihre Verantwortung wahrnehmen, auch die finanzielle, und es geht
darum, dass wir genau festlegen, was Bund, Länder und Gemeinden tun müssen.
Erstens. Wir haben gemeinsam einen Pandemieplan entwickelt. Das, was hier in
Deutschland entwickelt wurde und was wir auf den Weg gebracht haben – es basiert
auf Erkenntnissen von Experten des Robert-Koch-Instituts –, ist international aner-
kannt. Ich wiederhole: Es ist international anerkannt und es hat in der Europäischen
Union auch Vorbildcharakter. Jeder versucht, auf seiner Ebene Verantwortung wahr-
Auf den theoretischen Fall – ich hoffe, es bleibt ein theoretischer Fall; jeder von uns
hofft das –, dass sich aus dem Vogelgrippevirus und einem anderen Virus ein neuer
Typus bildet, der für den Menschen gefährlich ist, sind Bund und Länder vorbereitet.
Die Bevölkerung kann geschützt werden. Die Länder haben – das wissen wir – in
eigener Verantwortung unterschiedliche antivirale Mittel angeschafft. Sie sind dabei,
ihre Bestände zu vervollständigen. Es ist bekannt, dass es um die Arzneimittel Ta-
miflu und Relenza geht. Diese Arzneimittel können zwar nicht heilen, aber den
Krankheitsverlauf mildern. Wir halten es für notwendig, dass diese Medikamente zur
Eines weiß jeder: Letztlich hilft nur ein Impfstoff. Aber dieser Impfstoff kann erst ent-
wickelt werden, wenn dieses Virus entstanden und erforscht ist. Deswegen müssen
wir für die erste Phase auch hier einen Schutz aufbauen. Das tun die Länder. Ge-
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meinsam mit den Ländern werden die Informationssysteme gestärkt, so dass klar ist,
wie die Verantwortlichen auf den verschiedenen Ebenen im Falle des Falles – wir alle
hoffen, dass er nie eintritt – aktiv werden können.
Zweitens. Die Bundesregierung trifft die entsprechenden Vorbereitungen, damit im
Falle des Falles ein Impfstoff hergestellt werden kann. Wir geben über 20 Millionen
Euro aus, damit die anstehende Zulassung des Prototyps gefördert wird. Wenn die
Entstehung eines solchen Virus bekannt ist, dann sind wir innerhalb von drei bis
sechs Monaten in der Lage, einen Impfstoff herzustellen, der die gesamte Bevölke-
rung schützt. Wir führen Verhandlungen und haben Verträge abgeschlossen, damit
für die gesamte Bevölkerung genügend Impfstoff vorhanden ist, um eine zweimalige
Durchimpfung zu organisieren. Das ist dann der beste Schutz, den wir den Men-
Drittens. Das Robert-Koch-Institut verstärkt die epidemiologische Überwachung. Wir
unterstützen es dabei auch finanziell, damit man das, was Sie angesprochen haben,
Viertens. Das Robert-Koch-Institut hat eine Kommunikations- und Informationsstrate-
gie entwickelt, die nicht nur die Fachleute – Ärzte und andere –, sondern auch die
Nichtfachleute in vorbildlicher Weise und in einer verständlichen Sprache informiert,
damit jeder so viel Schutz bekommen kann, wie eben möglich ist.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir haben es mit einer Tierseuche zu tun, die
unter extrem ungünstigen Verhältnissen auf Menschen übergehen kann. Wir können
solche Krankheitsfälle bei frühzeitiger Behandlung heilen. Unser Land verfügt über
einen Pandemieplan, der Bund und Ländern konkrete Aufgaben zuweist. Diese Auf-
gaben werden erfüllt. Dieser Plan gewährt den bestmöglichen Schutz. Deutschland
verfügt mit den Fachleuten des Robert-Koch-Instituts und des Paul Ehrlich-Instituts
über international anerkannte Experten, die auch weltweit zum Einsatz kommen. Alle
Fachleute stehen miteinander in Kontakt. Die Kooperation des Personals in den
Krankenhäusern, der Ärzte, der Notfalleinrichtungen und der Rettungsdienste – sie
werden das Rückgrat bilden, wenn ein Einschreiten notwendig ist – ist organisiert.
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Das ist für uns kein Ruhekissen. Wir arbeiten auf diesem Gebiet weiter. Ich glaube,
dass man mit Recht sagen kann: Wir sind auf einem guten Weg. Wir investieren viel
Geld in diesen Bereich. Ich hoffe, dass das, was wir hier vorbereiten, niemals zur
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