Nutzen und Kosten-Effizienz der Psychotherapie
Eine kurze, aktuel e Literaturübersicht 2012 von Dr. Heinrich Bartuska
Für die Zusammenfassung wurden wissenschaftliche Studienübersichten vor al em die Fragebeantwortung an den Deutschen Bundestag der DGPT, zusammengefasst 2011, die Schweizer Obsan-Studie 2008 und ihr Auswertung durch Margraf J. 2009, sowie zitiert nach Buchholz, M. 2012 die amerikanischen Studien von Lazar S.G. 2010 und Evidenz-Studien von Raymond A. Levy, J. Stuart Ablon und Horst Kächele Hrg. (2012).
Obwohl die verschiedenen Studien nicht al e einen eindeutigen Gesundungs-Nutzen nachweisen, so liegt dies auch an den verschiedenen, methodischen Kriterien der Auswahl und des methodischen Vorgehens. D.h.: Psychotherapie wirkt nicht immer, bei jedem einzelnen Patienten und bei jedem methodischen Vorgehen.
Auch wenn Margraf J. deutlich mehr verhaltenstherapeutische Studien findet, aber auch psychodynamische und interpersonale sowie familientherapeutische, so findet der DGPT, Janssen P.L. und Bucholz M. eine Vielzahl von psychoanalytische orientierten Studien.
Der Nutzen der Psychotherapie erscheint über jeden vernünftigen Zweifel hinaus gesichert, Margaf J. So auch DGPT, Janssen P.L. und Buchholz M.
So scheint weitgehend gesichert, dass von den ersten Kosten-Effizienz-Studien von Dührssen AM, Jorswieck E (1965) an, die Werte umfangreich bestätigt wurden. Insbesondere für den Angst, Depression, Burnout, Psychosomatik aber auch für den Bereich der Psychosen und schweren Persönlichkeitsstörungen erhebliche Kosteneinsparungen durch Psychotherapie möglich sind, vor al em durch Reduktion der Spitalsaufenthalte, Medikamentenkosten und Krankenstände. Wobei die Verhaltenstherapie eher schnel ere Reduktionen, auch wegen kürzerer Therapiedauer und die psychoanalytische orientierten Therapien größere Reduktionen in den Folgejahren (nach 3 Jahren breakeven) bewirken. Für viele Cluster konnten daher Kostenersparnisse von mehr als dem doppelten der eingesetzten Mittel für Psychotherapie gefunden werden, was bei Gruppenpsychotherapien noch deutlich übertroffen wurde. (Siehe auch Anhang: Susanne Kraft, Bernd Puschner, Hans Kordy sowie Andreas Frei: In Vogel H, Wasem J, Hrg. 2004, Gesundheitsökonomie in der psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung)
Natürlich ist die reine Betrachtung der Kosten-Effizienz kein ausschließliches Kriterium. Dazu sei nur das Beispiel der mehr als doppelten Lebenserwartungs-Steigerung bei gleichzeitig höherer Lebensqualität durch Psychotherapie bei metastasierenden Brustkrebspatientinnen angeführt (Spiegel-Studien).
Die Kritik an den RCT- und EBM-Studien betrifft vor allem, dass sie nicht den spezifischen Bedingungen der Psychotherapie entsprechen sondern der Medizin. Psychotherapie hat andere Diagnose-Voraussetzungen (wobei der ICD nur oberflächlich geeignet ist) und ist keine isolierbare, passive Einzel-Medikation, sondern hat eine Vielzahl von psychologischen Faktoren wie Beziehungsgestaltung, Entwicklung zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung. Weiters stel t sich in der Psychotherapie sehr oft heraus, dass nach der Anfangsdiagnose weitere schwere Störungen hervorkommen. Daher ist die Einzeldiagnose in
der Psychotherapie eher die Seltenheit. Es sollten daher mehr Prozess- und Outcome-Forschung als RCT- oder EBM-Studien gemacht und herangezogen werden (Tschuschke V.).
Buchholz Michael B., DGPT Psycho-Newsletter 89, 2/2012
Dauer der Psychotherapie in der Schweiz Ergänzung zu den Resultaten der Erhebung «Basisdokumentation» der Schweizer Charta für Psychotherapie, Markus Schweizer, Paul Camenzind, Daniela Schuler Juli 2007, Web-Publikation des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, Publikation auf
DGPT: Stel ungnahme zur Prüfung der Richtlinienverfahren gemäß §§ 13–15der Psychotherapie-Richtlinie für die psychoanalytisch begründeten Verfahren, Forum Psychoanal 2011 27:1–85 Springer, Deutsche PsychotherapeutenVereinigung: Kosten und Nutzen der Psychotherapie, Pressekonferenz 26. November 2008 Die Folien, die während der Pressekonferenz gezeigt wurden, finden Sie im Internet auf den Seiten der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung unter www.dptv.de im Internet zum download.
Margraf, Jürgen 2009: Kosten und Nutzen der Psychotherapie, Eine kritische Literaturauswertung, Springer
Obsan Jahresbericht 2008, Mai 2009 Bestel ung:Bundesamt für Statistik, CH-2010 Neuchâtel E-Mail: Bestel nummer: 956-0900 (Deutsch)
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Im Anhang finden sich ausführlichere Zitate und weitere Literaturhinweise:
Zitiert nach DGPT Stellungnahme:
Diese Stel ungnahme wurde als fachliche Einschätzung zum Fragenkatalog des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Prüfung der Richtlinienverfahren gemäß §§ 13-15 der Psychotherapie-Richtlinie - Psychoanalytisch begründete Verfahren - von folgenden Verbänden und wissenschaftlichen Fachgesel schaften gemeinsam mit der DGPT erarbeitet:
Das Stadium der klinisch kontrol ierten Studien (Stadium III) deckt inzwischen die ganze Breite der klinisch relevanten Störungen ab, wie in einer Metaanalyse zu kürzeren analytischen Therapien aufgezeigt werden konnte (Leichsenring et al. 2004). Eine neuere Übersichtsarbeit zeigt zudem auf, dass auch die überlegene Wirksamkeit (efficacy) länger dauernder analytischer Therapie (im Vergleich zu kürzeren Therapien) in kontrol ierten, wie auch nicht durchgängig randomisierten Studien, empirisch als belegt gelten kann (Leichsenring & Rabung 2008).
Das Stadium der naturalistischen Studien (Stadium IV) war seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Domäne der psychoanalytischen Therapieforschung. Hier liegen relativ umfangreiche Datensätze aus vorwiegend europäischen Ländern vor, die die Wirksamkeit (effectiveness) psychoanalytischer Therapie in Anwendungsbeobachtungen belegen (Leuzinger-Bohleber et al. 2003; Sandel et al. 2001).
Das Stadium der patienten-orientierten Forschung (Stadium V) befindet sich derzeit in der Entwicklung. Die Verfügbarkeit umfangreicher Datensätze ermöglicht neue, wenn auch kontrovers diskutierte Wege mittels hierarchisch-linearer Statistik, sich auf Entwicklungsprozesse einzelner Patienten zu konzentrieren und die Brücke zur klinischen Einzelfal beobachtung zu schlagen (Howard et al. 1999; Kordy et al. 2005).
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Jansen (DGPT) sieht eine spezifische Überlegenheit der psychoanalytisch begründeten Psychotherapien bei:
Affektive Störungen
De Jonghe et al. (2001) untersuchten in einer randomisiert-kontrol ierten Studie die Wirksamkeit einer alleinigen ambulanten supportiven psychodynamischen Kurzzeittherapie (Short Psychodynamic Supportive Psychotherapy, SPSP) bzw. einer Pharmakomonotherapie im Vergleich zu einer Kombinationstherapie mit Antidepressiva. Hierbei zeigte sich, dass die Kombinationsbehandlung signifikant rascher zu einer Remission führte (nach 24 Wochen: 59,2 % remittierte Patienten in der Kombinationsbedingung gegenüber 40,7 % in der reinen Pharmakomonotherapie) und weniger dropouts aufwies.
In einer weiteren randdomisiert kontrol ierten Studie (de Jonge et al. 2004) wurde eine alleinige Psychotherapie (Short Term Psychodynamic Psychotherapy, STPP) mit einer Kombinationsbehandlung (Medikation und STPP) verglichen. Es fanden sich insgesamt ähnliche Symptomreduktionen für Monotherapie mit STPP und einer Kombinationsbehandlung mit Antidepressiva. Bei Messungen mit der Depressivitätsskala der SCL-90-R und mit dem Verbesserungsindex des Clinical Global Impression war die Kombinationsbehandlung effektiver.
Die randomisiert-kontrol ierte Studie von Burnand et al. (2002) zeigte eine Überlegenheit einer kombinierten Behandlung mit STPP und Antidepressiva gegenüber einer reinen Pharmakomonotherapie hinsichtlich Symptombesserung, Remissionsraten und psychosozialer Anpassung; in dieser Studie führte die Kombinationstherapie auch zu signifikant weniger krankheitsbedingten Fehltagen.
Die Münchener Studie von Huber et al. (2002) konnte zeigen, dass analytische Psychotherapie im Vergleich zu tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und zu Verhaltenstherapie bei depressiven Patienten in einem randomisiert-kontrollierten Studiendesign ein Jahr nach Ende der Behandlungen in einer Vielzahl von Störungsmaßen signifikant höhere Effekte erbrachte (Huber et al. 2008; Gastner et al. 2008). Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf den Vergleich zwischen analytischer Psychotherapie und Verhaltenstherapie zur 1-Jahres-Katamnese: Analytische Psychotherapie war der Verhaltenstherapie in folgenden Veränderungsmaßen signifikant überlegen: HSRD (Hamilton Rating Scale for Depression); GAF (Global Assessment of Functioning); TAS – Wendung gegen das eigene Selbst; Gesamtwert IIP (Interpersonel e Probleme); GAS (Goal Attainment Scale), SPC (Skalen Psychischer Kompetenz).
Angststörungen
Laut einer Studie von Wiborg und Dahl (1996) war in einem fol ow-up nach 9 Monaten die psychodynamische Therapie in Kombination mit Clomipramin im Hinblick auf die Remissionsraten von Patienten mit Panikstörungen wirksamer als Clomipramin al ein.
Die Panik-fokussierende psychodynamische Psychotherapie (Milrod et al. 1997) zeigte sich im randomisierten Vergleich mit „applied relaxation training“, einem verhaltenstherapeutischen Entspannungstraining, ähnlich wirksam bei Panikstörungen wie die kognitive Verhaltenstherapie (Öst & Westling 1995) und als signifikant überlegen in Veränderungsmaßen bezüglich der Symptomatik (Panic Disorder Severity Scale) sowie der al gemeinen psychosozialen Funktionsfähigkeit (Milrod et al. 2007).
In einer randomisiert kontrol ierten Machbarkeitsstudie war die psychodynamische Psychotherapie durchschnittlich ebenso wirksam wie eine rein supportive Therapie, sie war dieser jedoch im Hinblick auf die Besserungsraten signifikant überlegen (Crits-Christoph et al. 2005).
Im randomisiert-kontrollierten Vergleich zu psychodynamischen sowie systemischen Kurzzeittherapien zeigten analytische Langzeittherapien zwar erst nach längerer Zeit positive Effekte auf Angststörungen, aber bezogen auf die Besserungsraten drei Jahre nach Behandlungsbeginn waren sie den Kurzzeittherapien signifikant überlegen (Knekt et al. 2008a). In der gleichen Studie zeigte sich, dass die Patienten in analytischer Langzeittherapie nach drei Jahren ab Beginn im Vergleich zu den Kurztherapien eine signifikant höhere Arbeitsfähigkeit aufwiesen sowie signifikant selten mehr als sieben Arbeitsfehltage (innerhalb von drei Monaten) hatten (Knekt et al. 2008b).
Persönlichkeitsstörungen
Jakobsen et al. (2008) fanden in einer naturalistischen paral elisierten Studie für Patienten mit Persönlichkeitsstörungen hohe Effektstärken für analytische Psychotherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie; die analytische Psychotherapie zeigte bei dieser Patientengruppe signifikant bessere Ergebnisse.
Clarkin et al. (2007) verglichen die psychoanalytisch begründete Transference Focussed Psychotherapy (TFP) mit supportiver Psychotherapie und Dialektisch-behavioraler Therapie (DBT) in einem randomisierten Design in der Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Bisher liegen die Ergebnisse nach einem Jahr Behandlung vor. In Bezug auf die primären Zielkriterien (Suizidalität) zeigten sich TFP und DBT als wirksam. TFP bewirkte höhere Verbesserung in Bezug auf einen zentralen Symptomfaktor bestehend aus impulsivity, irritability, verbal assault, and direct assault. In Bezug auf die sekundären Zielkriterien zeigten sich al e drei Behandlungsformen veränderungswirksam bei Depression, Angst, al gemeines Funktionsniveau und soziale Anpassung. Insgesamt allerdings bewirkte die psychoanalytisch begründete TFP signifkante Veränderungen in 10 der 12 Zielvariablen, die supportive Therapie sechs und die DBT fünf (Clarkin et al. 2007). In der gleichen Studie erbrachte nur TFP nach einem Jahr Behandlung signifikante Veränderungen in Richtung „sichere Bindung“ sowie Verbesserung der Reflective Function (Levy et al. 2006). Beide
Aspekte sind mit psychischer Gesundheit assoziiert und stellen psychische Schutzfaktoren gegen die Entwicklung psychischer Störungen dar.
Döring et al. (2009) untersuchten in Deutschland und Österreich psychoanalytisch begründete Transference Focussed Psychotherapy (TFP) im randomisierten Vergleich zu anderen Richtlinien-Psychotherapien bei der Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Nach einjähriger Behandlung liegen folgende Zwischenergebnisse vor: TFP zeigte sich signifikant überlegen bei der Verhinderung von drop-outs (ein häufiges und schwerwiegendes Problem in der Behandlung dieser Patientengruppe), der Reduzierung der Suizidversuche, der Reduzierung von Borderline-Kriterien, der Reduzierung von Klinikaufenthalten, der Verbesserung des globalen Funktionsniveaus sowie der Verbesserung des Strukturniveaus.
Bateman & Fonagy (1999; 2001; 2003) konnten in einer RCT-Studie nachweisen, dass die Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen durch (teilstationäre) psychoanalytisch begründete Psychotherapie der üblichen Standardbehandlung signifkant überlegen ist. Die deutliche Überlegenheit erwies sich selbst fünf Jahre nach Behandlungsende als stabil (Bateman & Fonagy 2008). In einer weiteren RCT-Studie belegten Bateman & Fonagy (2009), dass auch rein ambulant durchgeführte psychoanalytisch begründete Psychotherapie im Vergleich mit einer intensiven strukturierten klinischen Versorgung eine signifikante Überlegenheit bei der Behandlung von Patienten mit Borderline-PS aufweist.
Auch in der RCT-Studie von Gregory et al (2008) erwies sich eine deutliche Überlegenheit der psychoanalytisch begründeten Psychotherapie in der Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Alkoholmißbrauch im Vergleich zu einer zeitlich sogar intensiveren Standardversorgung.
Studien bezüglich weiterer Krankheitsbilder
Woody et al. (1987; 1995) zeigten in zwei RCT-Studien die Überlegenheit von psychoanalytisch begründeter Psychotherapie gegenüber der Standardbehandlung bei Patienten mit Opiatabhängigkeit. In der RCT-Studie von Sandahl et al. (1998) erwies sich psychoanalytisch begründete Psychotherapie gegenüber kognitiver Therapie überlegen bei der Behandlung von Alkoholmissbrauch.
Creed et al. (2003) wiesen in einer RCT-Studie nach, dass eine 3-monatige psychoanalytisch begründete Psychotherapie gleiche Verbesserungen nach Behandlungsende bezüglich Lebensqualität bei Patienten mit Reizdarm-Syndrom erzielte wie eine 3-monatige Pharmakotherapie, und dass beide der TAU (Arztbesuche) überlegen waren. Ein Jahr nach Behandlungsende wiesen aber nur die Psychotherapie-Patienten signifikante Reduzierungen bei den health-care-costs auf.
In der RCT-Studie von Bachar et al. (1999) erwies sich die psychoanalytisch begründete Psychotherapie sowohl im Vergleich mit kognitiver Verhaltenstherapie als auch mit Ernährungsberatung signifikant überlegen in der Behandlung von Patientinnen mit Bulimia nervosa und Anorexia nervosa. Während die allgemeine Symptombelastung (BSI-GSI) sich in beiden Psychotherapieformen verbesserte, erwies sich eine Überlegenheit
psychoanalytisch begründeter Psychotherapie (auch gegenüber der KVT) im Bereich der manifesten Symptomatik, in den Einstellungen zu Essen und Gewicht sowie im Selbstkonzept. Am Behandlungsende erfül ten nur noch 36% der Patientinnen mit psychoanalytisch begründeter Psychotherapie die DSM-Störungskriterien, im Vergleich zu 83% der KVT-Patientinnen und 86% der Patientinnen mit Ernährungsberatung. Psychoanalytisch begründete Psychotherapie zeigte also im in Hinblick auf die klinische Signifikanz eine deutliche Überlegenheit im Vergleich zu den Alternativbehandlungen.
Gemischte und komplexe Störungen
Eine Metaanalyse von Leichsenring & Rabung (2008) untersuchte die Wirksamkeit von „psychodynamischer Langzeittherapie“ (long-term psychodynamic psychotherapy, LTPP), wobei „Langzeit“ hier mit mehr als 50 Sitzungen bzw. mindestens einem Jahr Behandlung definiert wurde. Im Durchschnitt umfassten die LTPPs 151,38 Sitzungen mit einem Median von 73,5 Sitzungen. Die Gesamtstichprobe der in die Metaanalyse einbezogenen Studien umfasst 1053 mit LTPP behandelte Patienten mit überwiegend schweren psychischen Störungen (komplexe, chronische, multimorbide Störungen, Persönlichkeitsstörungen). Einige der in die Metaanalyse aufgenommenen Studien untersuchten zusätzlich den Vergleich zu kürzeren Behandlungen (psychodynamischen oder anderen, auch CBT). Die LTPP erbrachte für diese Patientengruppe deutlich höhere Effektstärken als die kürzeren Behandlungen; die Effekte vergrößerten sich noch im Katamnesezeitraum.
Hoglend et al. (2008) zeigten in einer RCT-Studie, dass „patients with a lifelong pattern of poor object relations” (die quality of object-relationship gilt als Aspekt der psychischen Struktur) signifikant stärker von psychoanalytisch begründeter Psychotherapie mit Übertragungsdeutungen profitieren als von psychoanalytisch begründeter Psychotherapie ohne Übertragungsdeutungen (bei im Mittel gleicher Sitzungsanzahl); die Effekte blieben über die 4-Jahres-Studienperiode erhalten: Während es für Patienten mit high-score-OR-Patienten (strukturel eher höheres Niveau) keinen Unterschied macht, ob Übertragungsdeutungen in die Technik integriert werden (sie verbessern ihr Funktionsniveau in beiden Therapiebedingungen gleich gut), profitieren die low-score-OR-Patienten (also diejenigen mit einem niedrigen Strukturniveau) deutlich mehr von einer Therapie mit Übertragungsdeutungen.
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Das derzeit umfangreichste prospektiv angelegte psychoanalytische Forschungsprojekt der Stockholmer Forschergruppe um Sandell zeigte zunächst unterschiedliche Ergebnisse von Psychoanalysen und Langzeitpsychotherapien nach dreijähriger Nachbeobachtungszeit auf. Wurden jedoch therapeutische Stile als differenzierende Kriterien eingeführt, so ergaben sich
Wechselwirkungen zwischen Setting und Therapeutenstil in der Langzeitwirkung (Sandel et al. 2001). Eine neuere quantitative Auswertung aus der Münchener Psychotherapiestudie (Huber u. Klug 2009) macht deutlich, dass alle drei Langzeittherapien (Analytische Psychotherapie - PA, Psychodynamische Psychotherapie - PD und Kognitiv-behaviourale Therapie - CBT) effektiv in der Behandlung einer diagnostisch homogenen Gruppe von depressiven Patienten (unipolar, rezidivierend oder "double depression") mit komorbiden Störungen sind. Diese Effektivität lässt sich auch in der 1-Jahres-Katamnese nachweisen. Im direkten Therapievergleich ist die analytische Psychotherapie (PA) der psychodynamischen Psychotherapie (PD) und der kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) in den meisten Maßen signifikant überlegen, was sich vor al em in der geringeren Rezidivneigung bei der 1-Jahreskatamnese abbildet; zwischen der PD und der CBT besteht kaum ein signifikanter Unterschied. Differentielle Kosten-Nutzen Bewertung psychoanalytischer Behandlungen
Historisch gesehen war die von Dührssen und Jorswieck 1965 veröffentlichte „empirisch-statistische Untersuchung zur Leistungsfähigkeit psychoanalytischer Behandlung” ein wichtiges fachliches Argument für die Einführung der analytischen Psychotherapie als Kassenleistung. Diese Studie zeigte, dass Menschen der allgemeinen Population im Jahrfünft 5,9 Krankheitstage aufwiesen, dass die neurotische Klientel sich mit über 29 Tagen deutlich davon unterschied und dass diese Patienten nach im Mittel 100 Sitzungen zweistündiger analytischer Psychotherapie in ihren Krankheitsfehltagen deutlich unter den Durchschnittwert der al gemeinen Bevölkerung absanken:
Aus dem deutschen Sprachraum liegen drei retrospektiv angelegte Studien zur Kosten-Situation von psychoanalytischen Langzeit-Psychotherapien vor, die bei Margraf (2009) zusammenfassend dargestel t werden:
a) Kel er et al. 2001, eine retrospektive Evaluation jungianisch orientierter analytischer Langzeittherapie (17-399 Sitzungen) eines Teiles der Ursprungs-stichprobe,
b) Beutel et al. 2004, eine retrospektive Evaluation einer relativ kleinen Teilstichprobe der DPV Studie und
c) Breyer et al. 1997, eine retrospektive Evaluation von 666 ehemaligen Langzeitpsychotherapie-Patienten von einer Zufal sstichprobe von 91 Therapeuten in psychoanalytischer Einzel- und Gruppentherapie.
Methodisch anspruchsvol er ist die im Rahmen der sog. DKV-Studie (Puschner et al. 2007) an der Forschungstelle für Psychotherapie Stuttgart prospektiv geplante Studie von Kraft et al. (2006), die auf einer Zufallsstichprobe des Gesamtsamples (N = 780) beruht. Die Studie untersuchte den Cost-Offset-Effekt bei 176 Patienten in psychodynamischer oder kognitiv-behavioraler Therapie (mittlere Therapiedauer bei 90 psychodynamischen Therapien: 38,3 Sitzungen, bei 86 kognitiven Verhaltenstherapien: 28,9 Sitzungen). Sie verglichen die Kosten zwei Jahre vor und zwei Jahren nach der Therapie. Wegen fehlender Daten betraf der Hauptvergleich jedoch lediglich die Kosten 0,5 Jahre vor und 1,5 Jahre nach Therapiebeginn. Sie fanden keine signifikanten Kostenunterschiede zwischen den beiden Therapieformen
(medizinische Kosten ohne Psychotherapie, totale von der Krankenversicherung erstattete Kosten, Hospitalisierungstage). Der Vergleich der medizinischen Kosten im
Halbjahr vor Therapiebeginn unabhängig von deren Provenienz (€ 2.183) mit denen 1,5 Jahre nach Therapiebeginn (€ 1.609) ergab eine Reduktion von 26,3%. Die Gesamtkosten der Krankenversicherung sanken im gleichen Zeitraum um 8,6% (von € 2.184 auf € 1.996). Die stärksten Kostenreduktionen traten bei den Patienten mit den höchsten Kosten unmittelbar vor Therapiebeginn auf. Die Hospitalisierungstage nahmen von 3,3 im letzten Halbjahr vor Therapiebeginn auf 0,71 im 4. Halbjahr nach Therapiebeginn ab. Das letzte Halbjahr vor Therapiebeginn zeichnete sich durch einen besonderen Gipfel der Krankhheitskosten aus.
Eine aktuelle Übersichtsarbeit (de Maat et al. 2008) zeigt, dass der „break-even-point“ (Einsparungen überschreiten Behandlungskosten) für psychoanalytisch begründete Langzeittherapien ca. drei Jahre nach Ende der Behandlung erreicht wird. Ebenso konnten Bateman & Fonagy (2008) kürzlich zeigen, dass selbst schwer persönlichkeitsgestörte PatientInnen noch fünf Jahre nach Beendigung ihrer Psychotherapie in vielfältiger Weise profitierten, z. B. in Form deutlich geringerer Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und durch einen hohen Beschäftigungsgrad im Vergleich zu einer Gruppe von PatientInnen mit gleichen Störungen, die keine adäquate Psychotherapie erhielten.
Nach Ansicht vieler Autoren gehören Erwartungen an Kostensenkung durch Reduzierung anderer Erkrankungen möglicherweise zum utopischen Gehalt von Psychotherapie überhaupt und sollten kritisch hinterfragt werden. So sol te - wie in der Onkologie - insbesondere auch die Verbesserung an Lebensqualität als ein Behandlungsergebnis zum Forschungskanon der analytischen Psychotherapie hinzugefügt werden. Im Kontext der schwedischen STOPPP-Studie zu Langzeit-Psychotherapie und Psychoanalyse (Sandel et al. 2000; Blomberg et al. 2001) wurden Einsparungen im Gesundheitssystem in Euro berechnet (Lazar et al. 2006, 2007). Für die Variable „Inanspruchnahme des Gesundheitssystems“ (z. B. durch Krankheitstage, Anzahl der Arztbesuche, Hospitalisierungen, Medikamente, etc.) wurden clusteranalytisch sechs Untergruppen differenziert, in denen die Patienten unterschiedlich auf psychoanalytische Langzeitbehandlung reagierten. Die Inanspruchnahme des Gesundheitswesens im Verlauf und nach Ende einer Psychotherapie ist vielfältig determiniert. Für fast jede einzelne Variable (Anzahl der Arztbesuche, Hospitalisierung, Medikamente, Krankheitstage, etc.) ließen sich einzelne Klassen oder Cluster finden, in denen die Inanspruchnahme abnahm (die überwiegende Mehrheit der Patienten); andererseits konnten aber auch Cluster identifiziert werden, in denen die Inanspruchnahme anstieg , was als Zeichen eines verbesserten Gesundheitsbewusstseins bei Patienten mit zuvor schlechter Selbstwahrnehmung interpretiert werden kann. Angesichts dieser Heterogenität kann die allgemeine Interpretation etwa der Variable „Krankentage“ im Zusammenhang mit der generel en Beurteilung der Erfolge einer Therapie eine grobe Missinterpretation darstel en.
Natürlich gilt dieses caveat auch für die Studien, die bislang gerne als Beleg für die kostensenkende Wirkung von Psychotherapie bzw. Psychoanalyse genommen werden. Besonders problematisch ist es, wenn nur kleine Teilstichproben bezüglich der Kostenaspekte nachanalysiert werden können (vergl. Beutel et al. 2004).
Für die Debatte in Deutschland ist deshalb mit Nachdruck zu fordern, die Schätzung von Kosten-Nutzen Aspekten mit größtmöglicher Differenziertheit zu führen (Hau & Kächele 2007).
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Zitiert nach Margaf J.:
In 95% der einschlägigen Studien führt Psychotherapie zu einer bedeutsamen Kostenreduktion, in 86% zeigt sich zudem eine Netto-Einsparung (d.h. die Einsparungen übertreffen die Ausgaben für die Psychotherapie) und in 76% der relevanten Studien war Psychotherapie gegenüber medikamentösen Behandlungen überlegen bzw. erbrachte einen signifikanten Zusatznutzen.
Das Kernstück des Buches bildet eine detaillierte Auswertung aller Originalarbeiten der letzten 10 Jahre zu Kosten und Nutzen ambulanter Psychotherapie. Insgesamt konnten 54 Studien mit 13.000 Patienten aus den wichtigsten Indikationsbereichen identifiziert werden. Dabei wurden in 95% der einschlägigen Studien eine bedeutsame Kostenreduktion durch Psychotherapie festgestellt, in 86% der entsprechenden Studienzeigte sich zudem eine Netto-Einsparung (positives Kosten-Nutzen-Verhältnis). Dieser Effekt wird in der Regel bereits nach ein bis zwei Jahren erreicht und beruht vor allem auf zeitlich stabilen Kostenreduktionen bei den stationären Leistungen und Arbeitsausfallkosten. In 76% der diesbezüglichen Studien war Psychotherapie gegenüber medikamentösen Strategien überlegen bzw. erbrachte einen signifikanten Zusatznutzen. Psychotherapie ist demnach nicht nur wirksamer, sondern auch bil iger als keine Therapie bzw. eine Vielzahl von Vergleichsbedingungen.
Während die Rückfal raten der medikamentösen Therapie bei Depressionen oder Angststörungen bereits nach kurzer Zeit bei 60-80 liegen, betragen diese Werte bei kognitiver Verhaltenstherapie maximal 20-30%. Bei schweren Phobien oder Panikstörungen sind die Rückfal raten der Verhaltenstherapie noch deutlich tiefer.
Generel sind auch in der Medizin Maßnahmen, die mehr einsparen als sie kosten, die Ausnahme und nicht die Regel. Gesundheitskosten sind für die meisten Menschen das höchste Gut. Im Zusammenhang mit medizinischen und insbesondere potenziell lebensrettenden Maßnahmen werden daher in der Regel Mehrkosten a priori nicht ausgeschlossen, sondern es wird z.B. mit Akzeptanzkurven für Kosten und Nutzen operiert. Es gibt keinen Grund, die Behandlung psychischer Krankheiten – sei es durch Psychotherapie oder durch alternative Maßnahmen – an anderen Standards zu messen. Auch hier dürfen nicht nur Einsparungen als Kriterium dienen, sondern es müssen ebenso Wirksamkeit, Qualität und Solidarität (keine Sonderbehandlung der psychisch Kranken bzgl. Kosteneffektivität) angemessen berücksichtigt werden.
Die allgemeine Wirksamkeit psychotherapeutischer Verfahren ist über jeden vernünftigen Zweifel hinaus belegt. Die Therapieerfolge sind vergleichbar oder größer als diejenigen für eine Vielzahl etablierter medizinischer Verfahren, wobei deutlich mehr Daten für Erwachsene als für Kinderpopulation vorliegen.
Im Juli 2004 gab das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) dem Autor den Auftrag für eine aktuel e Literaturauswertung zu Kosten und Nutzen der Psychotherapie. Das Obsan hat den Auftrag, politikbezogene Analysen im Bereich des Gesundheitswesens durchzuführen. Es unterstützt damit eine auf Wissen basierende Gesundheitspolitik und Gesundheitsplanung des Bundes und der Kantone in der Schweiz. Das vorliegende Buch ist
auf dieser Basis entstanden. Es enthält eine kritische Auswertung der aktuellen empirischen Literatur zu Kosten und Nutzen von Psychotherapie. Zudem sol eine Einführung in Terminologie und Methodik von Kosten-Nutzen- und Kosten-Effektivitäts-Berechnungen zu einer angemessenen Einschätzung der Aussagekraft von Kosten-Wirkungs-Analysen verhelfen. Eine adäquate Interpretation der Ergebnisse zu Kosten und Nutzen der Psychotherapie hat eine hinreichende Kenntnis der Befundlage zu den Kosten psychischer Störungen sowie zur Wirksamkeit von Psychotherapie zur Voraussetzung. Al erdings kann eine detail ierte Darstellung dieser Literatur hier nicht vorgenommen werden, da dies angesichts des enormen Umfangs der Literatur den vertretbaren Rahmen sprengen würde. Stattdessen werden den Ergebnissen der Literaturauswertung zwei kurze Zusammenfassungen des Forschungsstandes zu den Kosten psychischer Störungen und zur Wirksamkeit von Psychotherapie vorangestel t. Für die Literaturauswertung wurden ausführliche tabellarische Zusammenfassungen aller erfassten Studien und Übersichtsarbeiten erstel t.
Margraf, Jürgen 2009: Kosten und Nutzen der Psychotherapie, Eine kritische Literaturauswertung, Springer
Zitiert nach Bucholz M.:
Effizienz der psychodynamischen Psychotherapie
„Psychodynamic Psychotherapy Research - Evidence-Based Practice and Practive-Based Evidence“ ist von Raymond A. Levy, J. Stuart Ablon und Horst Kächele heraus-gegeben (2012) und versammelt Kliniker und Forscher, die ihre Zielsetzung sogleich im ersten Satz des Vorworts strategisch markieren:
„This book helps to rest a dangerous myth. The myth is that psychodynamic psycho-therapy does not work – or, at best, that there is no way to demonstrate its efficacy in treating mental illness. The danger is that this powerful form of treatment could swept aside in current debates about which forms of mental health care are evidence bases and therefore worth making available to those in need…Modern psychodynamic therapy provides relief to people who are crippled with fear, haunted by past traumas, caught in repetitive patterns of unhappy relationships, and desperate to end lives of unbearable depression. It is often the only form of mental health care that gets people ‘unstuck’ when other treatments have failed.”
„Psychotherapy is Worth It. A Comprehensive Review of Its Cost-Effectiveness“ und ist von Susan G. Lazar herausgegeben worden (2010). Auch hier geht es um Borderline-Störungen, Angstattacken, Depressionen, Post-traumatische Belastungsstörungen, um Behandlungen für Kinder und Jugendliche und um den Platz für LangzeitTherapien im Gesamtangebot therapeutischer Versorgung.
Aber das Wichtige ist nicht die klinische Betrachtung, sondern die gesundheitsökonomische. Das ist so interessant, dass ich dem etwas Raum widmen möchte. Die Herausgeberin ist Professorin der Psychiaterin in Washington, Supervisorin und Lehranalytikerin am dortigen Institut. Viele Autoren und Beiträger zu diesem Band entstammen ebenfal s psychoanalytischen Instituten wie Boston, Tucson der USA, aus renommierten Universitäten wie Yale, New York oder San Diego. Sie haben sich zusammen getan, um den Nachweis zu erbringen, dass Psychotherapie sich gerade bei den großen psychiatrischen Diagnosen gesundheitsökonomisch rechnet“ und die Bedeutung dessen führen sie in einem Überblick über die Epidemiologie der am meisten verbreiteten Störungen vor; das sind in den USA v.a. die Angststörungen. An ihr leiden 18,1% der Amerikaner pro Jahr und 28,8% wenigstens einmal in ihrem Leben. Bei Kindern beträgt diese Zahl 22%. An affektiven Störungen, allen voran die „major depression“ leiden 19,3% der Amerikaner, was jährliche Behandlungskosten von 43.7 Mrd. US-Dollar jährlich verursache, eine Zahl, die je nach Berechnungsmethode schwankt. Nimmt man die Schäden aus Suizid-Folgen in Familien dazu, wird sie beträchtlich höher. An Traumata leiden 3.5% der über 18-Jährigen und für andere diagnostische Gruppen ergibt sich eine Fül e von ähnlichen epidemiologischen Kennziffern. Hinzu kommen Folgen aus Stigmatisierungen, Fehlbehandlungen und schwerwiegenden Vorurteilen gegenüber psychiatrischen Patienten. Was das Wort Psychotherapy bedeutet, ist auch nicht ganz klar, das Spektrum reicht sehr weit: von langer und intensiver psychoanalytischer Behandlung über wöchentliche Betreuung bis hin zu unklaren Mixturen aus medizinischen und sozialen Programmen. „Measuring exactly what is psychotherapy is also an important problem“ (S. 9) heißt es deshalb in der Einführung zu Recht. Auch wer sich al es als „Psychotherapeut“ betiteln darf ist etwas unübersichtlich, wie die Autoren feststel en.
Kosten der Psychotherapie sind ökonomisch betrachtet eine komplexe Angelegenheit. Man kann verschiedene Perspektiven unterscheiden: die Management-Perspektive sieht die
Kosten des Leistungserbringers; die praktische Perspektive sieht die Gesamtkosten der Einrichtung eines Dienstleistungsbetriebs; die ökonomische Perspektive sieht die Opportunitätskosten al jener Ressourcen, die bereits da sind, von der Bestuhlung von Räumen bis hin zu Ausbildungsprogrammen, Gebäuden etc. Es ist klar, dass die Kosten sich höchst unterschiedlich errechnen, je nachdem, welche Perspektive in einer Studie gewählt würde. Die Dienstleistungseinheit selbst muss definiert werden:
„Service units can be defined in terms of output criteria that measure the services received by clients, whereas input criteria measure the number of hours of staff effort. For example, if a therapist sees five patients during an hour-long group session, the group session can be counted as five client visits and five group hours or as one group hour depending on whether one chooses to measure in terms of output or input” (S. 12)
Von den Kosten muss die Kosten-Effektivität unterschieden werden. Sie ergibt sich, wenn man den Nutzen, also die wohltuende Wirkung einer Maßnahme, von deren Kosten abzieht und mit den Kosten einer anderen Maßnahme vergleicht.
Mit solchen Vorüberlegungen ausgestattet begibt man sich durch das Buch. Das erste Kapitel untersucht die Kosten der Schizophrenie-Behandlung. Ich fasse zusammen: Jede Rückfal -Prävention macht die Behandlung rechnerisch wertvol . Eine vielseitige Tabel e lässt einen raschen Überblick über die einbezogenen Studien zu.
Das nächste Kapitel untersucht die Kosten ambulanter Behandlung von Borderline-Patienten. Gruppenbehandlung, DBT und MBT in Einzelsettings werden untersucht und festgestellt: al es, was die Dauer eines Jahres überschreitet:
„the studies described above all point to the substantial benefit of long-term (minimum 1 year) psychotherapeutic treatment.“ (S. 76).
Es werden die Kosten für stationäre Aufenthalte gespart, Kosten für weitere Inan-spruchnahme medizinischer Dienste ebenso wie Arbeitsausfal zeiten verringert. Ähnlich die Lage bei den posttraumatischen Belastungsstörungen. Hier wurden Studien der Jahre 1984 bis 2007 einbezogen, die sowohl Vietnam-Veteranen als auch Vergewaltigungsopfer betrafen. Es gab 255 Studien, davon waren 11 strenge RCT-Studien. Sie beziehen eine neue Abkürzung mit ein, die YLD (= years with lived disability). Veteranen mit PTSD gehören einer Risikopopulation an, sie sind lange arbeitslos, drogengefährdet, ihre Scheidungsraten sind hoch, sie sind oft obdachlos, gewalttätig und verbrauchen viele Mittel der Gesundheitsdienste – oft wirkungslos. Vergewaltigte Frauen haben erhebliche gesundheitliche Probleme, leiden an Depressionen, Fettsucht, ehelicher Instabilität und verursachen mit vielen Arztbesuchen hohe Kosten. Die gesichteten Studien weisen – mit einer Ausnahme wiederum (S.95) – die Wirksamkeit von Psychotherapie (auch CBT, systematische Desensibilisierung etc.) nach. Die ökonomischen Berechnungen, die sich in den anderen Berichten dieses Buches finden, schrumpfen hier al erdings auf den Satz zusammen:
„It is clear that any psychotherapy that has been demonstrated to be effective for this disorder wil also ultimately be costeffective” (S. 95)
Interessant ist, dass im Kapitel über die Angststörungen auch einige deutsche Studien vorgestel t warden, die allerdings nicht gesundheitsökonomische Berechnungen dokumentieren, sondern nur die Wirksamkeit von Psychotherapie an psychotherapeu-tischen
Meßskalen nachweisen; der eigentlich selbständige ökonomische Berechnungs-faktor fehlt auch hier.
Das ist wiederum anders im Kapitel über die Depressionen werden eine beachtliche Reihe von gesundheitsökonomischen Studien präsentiert, die in den Jahren zwischen 1984-2007 gefunden werden konnten. Gesundheitskosten für einen depressiven Angestel ten betragen nach einer Studie aus dem Jahr 2000 (inflationsbereinigt) $ 1,341 und die übrigen medizinischen Kosten kommen dazu, nämlich $3,032 – macht also etwa viereinhalbtausend Dol ar für einen depressiven Patienten, der mit Ausfal tagen (9,7 Tage im Jahr im Durchschnitt, signifkant höher als bei allen anderen), höhere Kosten verursacht als durch Arztbesuche und Medikamente. Diese Kosten lassen sich durch Psychotherapie erheblich senken (S. 139 f.). Nimmt man nach einer weiteren Studie indirekte Kosten dazu, wie etwa die Suizidalität von Depressiven, dann kann man nicht nur sehen, dass die lebenslange statistische Wahrscheinlichkeit dieser Patientengruppe, einen Suizid zu begehen von 8,4% auf unter 4% absinkt, sondern dass eine Kombination von interpersonaler Psychotherapie mit partieller medikamentöser Unterstützung mehr als elfeinhalbtausend Dol ar an Kosten spart! (S.145)
Die Autorin, Susan G. Lazar, fasst zusammen, dass die Vielzahl der von ihr gesichteten – und übersichtlich in einer Tabel e präsentierten - Befunde zeigen, dass Psychotherapie die Wirkung von Medikamenten überhaupt erst sinnvol macht, dass alle Studien (wiederum mit einer Ausnahme) „a more robustly cost-effective impact of psychotherapy“ (S. 156) finden und zwar bei den perfektionistischen Formen der Depression wie auch bei al en anderen. Aber sie weist auch darauf hin, dass „‘cost-effective‘“ does not necessarily mean ‚cheap‘ or ‚money saving‘; it should signify both the cost and the value of one treatment approach compared with others in lieu of the double standard of ‘cost-offset’, in which psychotherapy is valued only if it leads to savings in other (presumably more inherently valuable and unchal engeably) medical treatments” (S. 157)
Nun, eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren dieses wertvol en Bandes sind Psycho-analytiker. Es ist allein schon dieser Umstand beachtlich, wie fleißig und informativ sie solche Arbeit gemacht haben! Aber noch wertvoller auch für die deutsche Diskussion ist das Kapitel über die ökonomischen Effekte der Langzeittherapie, das von Allen Rosenblatt geschrieben wurde. Es berichtet nämlich nicht nur über viele deutsche Studien, erwähnt die von Dührssen, von Heinzel oder auch Dossmann, teils also aus den 60er, teils aus den 80er und 90er Jahren als besonders verdienstvol , sondern fasst auch deren Befunde mit einigen amerikanischen Studien so zusammen:
„Sick leave and hospitalization decreased, as did use of psychotropic drugs, and workcapacity increased. It is notable that the longer the treatment, the better was thetreatment success. On 4- to 6-year fol owups, these gains were maintained and even increased. The quality of relationships has improved more at a 6-year follow-up thanimmediately after termination of treatment” (S. 294).
Das ist ein Befund, der sich immer wieder einstellt: gerade bei Langzeit-Behandlungen stabilisieren sich die erreichten Besserungen über so lange Katamnese-Zeiträume wie 4-6 Jahre oder sie steigen sogar noch an. Die Sandell-Studie aus Schweden, über die hier in den PNL ebenfal s schon viel zu lesen war, wird dazu heran gezogen ebenso wie die Daten von „national insurers“ (S.296). Aus manchen Studien errechnen sich Kostenersparnisse von $5,652 bei individuell behandelten Patienten und von $9,553 bei gruppentherapeutisch
behandelten Patienten! (S. 295). Eine Arbeit von Bateman und Fonagy aus dem Jahr 1999 hatte ein psychoanalytisch orientiertes Tagesprogramm für Borderline-Patienten mit „standard psychiatric care“ verglichen und kommt zu dem Ergebnis:
„A follow-up, the mean annual cost savings associated with the study intervention were $12,000, thus recouping over 2 years the cost of the treatment and suggesting its cost-effectiveness for borderline patients”(S. 297)
Auch hier zeigt sich die Stabilität bzw. sogar weitere Zustandsbesserung der solcherart behandelten Patienten bei noch weiteren Katamnese-Zeiträumen (5 Jahre). Die Autoren formulieren in ihrem Epilog:
„There is no question that psychotherapy is effective, as has been amply demonstratedby a large body of research…More than many treatments, both within and outside of psychiatry, psychotherapy in particular has been required to demonstrate its usefulness in cost terms” (S. 311).
Diese Bemerkung zeigt, dass es den Autorinnen und Autoren nicht nur um die Ökonomie geht, sondern auch um eine humane Dimension. Sie greifen indirekt auch die verbreitete psychiatrische Praxis an, Patienten nur noch medikamentös zu behandeln, den Einfluss von Medikamenten durch neurowissenschaftliche Untersuchungen nachzuweisen und ansonsten sich um die Menschen weniger zu kümmern, als diese tatsächlich benötigen. Vor dieser Gefahr hatte schon vor langer Zeit Theodor Lidz (1991, deutsch in der Zeitschrift Psychosozial, Heft 14) weit vorausschauend gewarnt. Jetzt ist in einer Vielzahl von Studien nachlesbar, dass Psychotherapie nicht nur ökonomisch sich rechnet, sondern dass gerade auch die in den Psychiatrien verwahrten Menschen psychotherapeutische Hilfe benötigen und von ihr profitieren. Sie können dann zu einem erheblichen Teil eher entlassen werden, in Arbeitsverhältnisse wieder eingegliedert und zu einem vergleichsweise renormalisierten Leben integriert werden – extra muros. (Buchholz Michael B., DGPT Psycho-Newsletter 89, 2/2012)
Psychodynamic Psychotherapy Research –Evidence-Based Practice and Practive-Based Evidence“ ist von Raymond A. Levy, J. Stuart Ablon und Horst Kächele Hrg. (2012)
Lazar, Susan G, 2010, Hrg., Psychotherapy is Worth It. A Comprehensive Review of Its Cost-Effectiveness“
Zitiert nach Vogel H, Wasem J,: Inanspruchnahme medizinischer Gesundheitsleistungen vor Beginn einer ambulanten Psychotherapie
Susanne Kraft, Bernd Puschner, Hans Kordy
Zusammenfassung
Im Rahmen einer Evaluationsstudie, welche die Forschungsstel e für Psychotherapie Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Deutschen Krankenversicherung (DKV) durchgeführt hat, wurden die Gesundheitskosten vor Beginn einer ambulanten Psychotherapie im Zusammenhang mit verschiedenen Patienten- und Therapievariablen untersucht. Bei der untersuchten Stichprobe ist in den drei Jahren vor der Entscheidung, eine Therapie zu beginnen, ein deutlicher Anstieg der Gesundheitskosten zu verzeichnen. Alter, körperliche Beschwerden und Somatisierungs-tendenzen weisen eine geringfügige Beziehung mit der Höhe der Inanspruchnahme im Jahr vor der ersten Anfrage auf. Eine Vorhersage der gewählten Therapieart war weder durch die im Vorfeld beobachtete Inanspruchnahme noch durch die erhobenen klinischen und soziodemografischen Variablen möglich. Resultierende Forschungsfragen sowie Implikationen für die Praxis werden diskutiert. Tab. 10-1 Für die Bewertung der Einsparungen und Kosten der Psychotherapie verwendete Wertgrößen.
Kosten der psychotherapeutischen Behandlung
psychotherapeutische Behandlung erste Viertelstunde
psychotherapeutische Behandlung nächste Viertelstunde
psychotherapeutische Behandlung pro Dreiviertelstunde (pro Sitzung)
Al gemeinarzt oder Spezialarzt pro Konsultation
psychotherapeutisch geschulte Schwesternb
Kosten des Spitalaufenthalts beziehungsweise der Rehabilitation
Durchschnitt psychiatrische Tageskliniken
Spitex (gemäß Konkordat Schweizerischer Krankenversicherer KSK,
neu: Santesuisse und Spitex Verband Schweiz)e
a Angaben aus UV/IV/MV Arzttarif (SUVA 2001). b Eigene Erhebung. c Berechnet mit den Daten der Finanzstatistik der öf entlichen Haushalte und dem Statistischen Jahrbuch der Schweiz (EDMZ 2001; Bundesamt für Statistik 2001). d Administrative Gesamtstatistik. H+ Die Spitäler der Schweiz, Aarau. e Auskunft durch den Spitex Verband, Belpstraße 24, 3000 Bern 14. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Psychotherapie Zusammenfassung
Eine Vielzahl von Studien belegt, dass in mehreren Indikationsbereichen durch die Psychotherapie Einsparungen im Bereich der medizinisch-somatischen Versorgung erzielt werden können. Diese beziehen sich jedoch immer auf den einzelnen Patienten. In dieser Pilotstudie wurde versucht, für die Schweiz abzuschätzen, welche Einsparungen im somatischen Bereich erzielt werden könnten, wenn die Psychotherapien gemäß den Kosteneinsparungsstudien eingesetzt würden.
Für die Indikationsbereiche Operationsvorbereitung, Alkoholmissbrauch, Angststörung, psychosomatische Störung, Schizophrenie und Depression wurden durch eine Auswertung internationaler Studien die Einsparungen pro Fal und Jahr berechnet, die durch die Psychotherapie im medizinisch-somatischen Bereich erzielt werden können. Diesen Einsparungen wurden die Kosten für die Psychotherapie gegenübergestel t, die mithilfe der Angaben über die Anzahl der Sitzungen und das eingesetzte Personal ermittelt wurden. Aus der Gegenüberstel ung von Einsparungen und Kosten ergaben sich die durch die Psychotherapie erzielbaren Nettoeinsparungen. Diese wurden mit einer groben Abschätzung der Anzahl der behandlungsbedürftigen Fäl e mit Therapiemotivation verknüpft, um das Ausmaß der Einsparungen, Kosten und Nettoeinsparungen in der Schweiz abzuschätzen. Ergänzend wurde die ungefähr erforderliche Anzahl Therapeuten ermittelt, die für eine ent-sprechende psychotherapeutische Versorgung erforderlich wäre.
Im Ergebnis könnten in der Schweiz gut 2 Mil iarden Franken im somatisch-medizinischen
Bereich eingespart werden. Davon dürften etwa 1 800 Mil ionen im Spital und 250 Millionen Franken in der ambulanten ärztlichen Behandlung anfal en. Die Kosten der hierfür erforderlichen Psychotherapie betragen etwa 960 Mil ionen Franken. Daraus ergeben sich Nettoeinsparungen von 1 090 Mil ionen Franken. Die Anzahl der zu behandelnden Patienten beträgt etwa 830 000, von denen 280 000 auf eine Operationsvorbereitung entfal en und 550 000 auf psychogene Erkrankungen. Al ein zur Behandlung der Patienten ohne Operationsvorbereitung wären rund 8 500 Therapeuten erforderlich. Gegenwärtig stehen etwa 4 300 Therapeuten zur Verfügung. Al e Angaben sind aufgrund der vorliegenden Daten mit einer großen Unsicherheit behaftet. Dem wurde durch eine beste Schätzung, ergänzt mit einer unteren und oberen Schätzung, Rechnung getragen. Sowohl die Einsparungen als auch die Kosten der Psychotherapie sind vorsichtig geschätzt worden.
1 Dieser Beitrag beruht auf einer Studie im Auftrag der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP), Bern.
Tab. 10-2 Einsparungen und Kosten pro Fal (in CHF) sowie die Anzahl Fäl e. Operationsvorbereitung Einsparung pro Fal AIkoholismus Einsparung pro Fal somatoforme Störungen, schwere Fälle Einsparung pro Fal somatoforme Störungen, leichte Fälle Einsparung pro Fal Depression Einsparung pro Fal
Asthma Action Plan/Medication Authorization Form For all children with asthma Mecklenburg County Health Dept. Student Name ______________________________ CMS Student ID# ____________________________________ School/Year ______________________________ Grade/Teacher ______________________________________ Parent/Guardian ______________________ Contact Number (H)
Recommended Dosages Note: The proper dosage for your child is based on weight, not age. If you don't know how much your child weighs, and he's too young to stand on a scale himself, weigh yourself while holding him, and then weigh yourself alone. Subtract your weight from the combined weight to get his current weight. Your child's weight: 12 to 17 lbs Your child's weight: 18 to