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Möglichkeiten der Parkinson-Frühdiagnostik und
wesentliche Therapiesäulen
Vortrag am 4.07. 2008 in Stuttgart, Prof. Dr. Daniela Berg, Universität Tübingen 1. Frühzeichen der Parkinsonerkrankung
Die Parkinsonkrankheit wird durch die Symptome Akinese (Bewegungsverarmung), Rigor (erhöhter Muskeltonus), Ruhezittern und Posturale Instabilität (Störung der Stand- und Gangsicherheit) charakterisiert, aber dies sind in der Regel nicht die ersten Symptome, die der Patient bemerkt. Bis zu mehreren Jahren vor der Erkrankung können neben frühen motorischen Symptomen (Rückenschmerzen, Schulterschmerzen, schlechtere Feinmotorik, schlechteres Schriftbild, Zittern, Nachziehen eines Beines, vermindertes Mitschwingern eines Armes) eines oder mehrere der folgenden Symptome auftreten: Depression, Verstopfung, Störung der Geruchswahrnehmen, Schlafstörung, Konzentrations- und Gedächtnisstörung, u.a. Diese nicht-motorischen Symptome kommen natürlich auch allein oder in Kombination bei vielen anderen Erkrankung vor und müssen keinesfalls ein erstes Zeichen für das spätere Auftreten einer Parkinsonerkrankung sein. Im Falle einer Parkinsonerkrankung sind sie aber Forschungsergebnissen nach Zeichen dafür, dass die Krankheit bevor sie zu dem das typische Krankheitsbild verursachende Zellverlust in der Substantia nigra (Kerngebiet im Hinrstamm, das den Überträgerstoff Dopamin produziert) führt, über das obere Rückenmark, zunächst für diese Symptome wichtige Gebiete im unteren Hirnstamm und die Riechzellen betrifft. Erst wenn ca. 60% der dopaminerger Zellen der Substantia nigra zu Grunde gegangen sind, erlauben die typischen motorischen Symptome die Diagnose der Parkinsonkrankheit. Und selbst in diesem Stadium ist die Diagnose häufig unklar und wird es nach längerem Verlauf gestellt. Eine möglichst frühe Diagnose ist für die Einleitung einer angemessenen Therapie jedoch wichtig. Hilfreich können daher neben der Erfassung der motorischen Symptome die Prüfung nicht-motorischer sein, z.B. Fragen nach Depression, Schlafstörungen, Testung der Geruchswahrnehmen. Auch mittels Bildgebung vom Gehirn können wichtige Hinweise für das mögliche Vorliegen einer Parkinsonerkrankung gewonnen werden. Während Computertomographie und Kernspintomographie (MRT) andere Krankheiten ausschließen (z.B. Durchblutungsstörungen, die zu ähnlichen Symptomen führen können), kann mit Darstellung des Dopaminstoffwechsels im Gehirn (z.B. DATScan) ein Parkinsonsyndrom nachgewiesen werden, wobei hiermit nicht zwischen einer typischen Parkinsonerkrankung und atypischen Parkinsonsyndromen unterschieden werden kann. Mittels Ultraschall vom Gehirn (transkranielle Sonographie), kann die Veranlagung für eine Parkinsonerkrankung festgestellt werden, was beim Vorliegen entsprechender Symptome sehr hilfreich für die Diagnosestellung sein kann. 2. Therapieziele
Mittels parkinsonspezifischer Therapie sollen neben den motorischen Symptomen auch die nicht-motorischen möglichst adäquat behandelt und die Lebensqualität verbessert werden. Darüber hinaus besteht jedoch das Bestreben, den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen, d.h. (Langzeit)nebenwirkungen zu vermeiden, Spätschäden vorzubeugen und den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen (mit dem langfristigen Ziel, diesen zu stoppen). Um diese Ziele zu erreichen, sollten 3 Therapiesäulen eingesetzt werden – Medikamente, körperliche Aktivität und Ernährung. 2.a Medikamente
Es gibt kaum eine „Volkskrankheit“ für die so viele unterschiedliche Präparate angeboten werden, wie für die Parkinsonerkrankung, was die Entscheidung für ein spezielles Hilfreich kann hier zunächst sein, Wirkstoffklassen zu unterscheiden: - L-Dopa Präparate (der Überträgerstoff selbst) - Präparate die nicht über das dopaminerge System wirken wir Amantadin Alle diese Präparate wirken hauptsächlich auf die motorischen Symptome, können jedoch auch eine gewissen Verbesserung einzelner nicht-motorischer Symptome mit sich Das bezüglich der motorischen Symptome nach wie vor wirksamste Präparat ist nach wie vor L-Dopa. Dies sollte jedoch insbesondere bei jüngeren Patienten nicht zu Beginn der Erkrankung eingesetzt werden, da es im Verlauf zu Wirkungsflukutationen beitragen kann (unvorhersehbare „off-Zeiten“, unwillkürliche Überbeweglichkeit). Hier werden vielmehr verschiedene Dopaminagonisten eingesetzt, die wie Dopamin am Überträgerstoffsystem wirken, aber eben kein echtes Dopamin sind, und somit anders verstoffwechselt werden und nicht/weniger zu Wirkungsfluktuationen führen. Besonders praktisch für den Alltag haben sich hier Dareichungsformen bewährt, die nur einmal am Tag genommen werden müssen, beispielsweise Requip Modutab®, oder Neuro® als Pflaster, (letzteres muss seit neuerem im Kühlschrank gelagert werden). Andererseits muss bedacht werden, dass natürlich auch Dopaminagonisten Nebenwirkungen haben, die in vielen Fällen gravierender sind (z.B. Müdigkeit, Wassereinlagerung etc.) als die von L-Dopa, so dass für jeden Patienten eine individuelle Therapieentscheidung getroffen werden muss. Für den Verlauf der Erkrankung selbst, die Lebensqualität und die Lebenserwartung ist dabei weniger wichtig, mit was ein Patient therapiert wird, sondern dass er überhaupt so früh wie möglich therapiert wird. Besonders beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass eine große internationalen Studie ganz kürzlich erst belegen konnte, dass der MAO-B Inhibitor Rasagilin (Azilect) (dieses Präparat hat nur wenig Wirkung auf die Symptome) den Krankheitsverlauf positiv verändern kann, d.h. nervenzellschützend wirkt. Aber auch L-Dopa, die Dopaminagonisten und Amantadin können Prozesse die zum Fortschreiten der Erkrankung beitragen (z.B. oxidativer Stress), positiv beeinflussen, was den frühen Einsatz einer parkinsonspezifischen Medikation unterstreicht. 2.b Körperliche Aktivität
Körperliche Aktivität verbessert mehreren Untersuchungen nach nicht nur das allgemeine Wohlbefinden und die Beweglichkeit, sondern scheint auch einen positiven Effekt auf den Verlauf der Erkrankung zu haben. U.a. aus Tierversuchen ist bekannt, dass regelmäßige Bewegung zu einer Verbesserung der Hirndurchblutung und einer vermehrten Verknüpfung (möglicherweise sogar Ausbildung) von Nervenbahnen führen kann. Erste Untersuchung der Neurologischen Klinik in Tübingen mit den Sportinstituten in Tübingen und Stuttgart weisen hin, dass diese positiven Veränderung bei Parkinsonpatienten ebenfalls durch regelmäßiges Training hervorgerufen werden können. Hierbei scheint zunächst die Art der Bewegung weniger entscheidend zu sein. Wichtig ist, dass jeder Patient sich regelmäßig bewegt – besonders sinnvoll sind Bewegungsformen, die zur Durchführung großer Bewegungen an der frischen Luft anhalten, wie z.B. Nordic Walking, wobei gerade auch durch eine Vielfalt von Bewegungen, d.h. immer wieder Erlernen neuer Bewegungsformen, das Gehirn und die Symptome besonders positiv beeinflusst werden. Krankheitsspezifische Bewegungsformen, insbesondere das Training der Feinmotorik, aber auch Stimmtraining bei Leiserwerden der Stimme und Ergotherapie spielen hier eine wichtige Rolle, da durch die „Plastizität des Gehirns“ (die Fähigkeit neue Verknüpfungen zu bilden und Umgehungsstrategien im Falle von Schädigung einzelner Areale zu entwickeln) auch bei der Parkinsonerkrankung ein gewisses „Umlernen“ 2.c Ernährung
Bei der Ernährung sollte neben dem Zufuhr von genügend Energie (die meisten Patienten haben im Verlauf der Erkrankung einen höheren Energiebedarf) auf das Zu-sich- nehmen der „richtigen“ Nahrungsmittel geachtet werden. Bezüglich Kohlenhydraten ist zu sagen, dass viele Parkinsonpatienten gerne Süßigkeiten essen – oft mehr als vor der Erkrankung. Süßigkeiten generell sind natürlich nicht verboten, aber sollten in mäßigem Rahmen konsumiert werden, u.a. auch, damit genügend Appetit für inhalts- und ballaststoffreichere Ernährung bleibt, z.B. im Form von Vollkornprodukten. Bei eiweißreicher Nahrung ist darauf zu achten, dass diese über die selben Transportmechanismen im Darm aufgenommen wird wie L-Dopa. Um eine ausreichende Aufnahmen und Wirkung der Medikation zu gewährleisten, sollte daher die Medikamenteneinnahme eine halbe Stunde vor oder zwei Stunden nach den Hauptmahlzeiten oder eiweißreichen Zwischenmahlzeiten erfolgen. Bei den Fetten ist auf vorwiegend pflanzliche Fette zu achten, da diesen eine „antioxidative“, d.h. schädlichen Stoffwechselprodukten vorbeugende Wirkung zugeschrieben wird. Bezüglich Vitaminen sollte auf eine Obst- und Gemüsehaltige Ernährung geachtet werden. Vitamine aus Nahrungsergänzungsmitteln sollen eine weniger günstige Auswirkung auf den Krankheitsverlauf zu haben. Den B- Vitamine, Vitamin E und Folsäure sowie dem Spurenelement Selen wird eine günstige Wirkung in Sinne eines verminderten Anfallens schädlicher Stoffwechselprodukte und einer verbesserten Energieversorgung der Zelle zugeschrieben. Diesbezüglich ganz besonders wirksam scheinen polyphenolhaltige Lebensmittel wie grüner Tee, aber auch Durch die Kombination einer individuellen Medikation, sportlicher Betätigung und ausgewogener, vitaminreicher Ernährung kann jeder Patient selbst einen positiven Einfluss auf die Parkinsonerkrankung nehmen.

Source: http://www.neurocafe.ch/downloads/parkinsonneurocafeprofberg.pdf

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