«einfache» harnwegsinfektionen: diagnostik, therapie und prophylaxe
«Einfache» Harnwegsinfektionen: Diagnostik, Therapie und Prophylaxe Andreas U. Gerber Einleitung
genden Ko-Faktoren, jedoch ohne Vorliegenvon Fremdkörpern meist spontan auftreten
Hinter dem Begriff «Harnwegsinfektion» (HWI)
versteckt sich ein grosses Spektrum von Infek-
(Urethra, Blase) beschränkt bleiben [1] (Tab. 1).
tionen unterschiedlicher Ätiologie, Pathoge-
Den einfachen HWI ist gemeinsam, dass sie
nese, Diagnostik und Therapie. Das Spektrum
unter einer einfachen antibiotischen Kurz-
reicht von der asymptomatischen, nicht thera-
therapie (oder auch spontan) abheilen.
piebedürftigen Bakteriurie einer adulten, nicht
Grundsätzlich ist jeder HWI, der unter/nach
schwangeren Frau bis zur komplizierten, le-
einer Kurztherapie nicht abheilt, suspekt, ein
bensbedrohlichen Urosepis beim immundepri-
mierten Mann mit Prostatitis und liegendemBlasenkatheter. Wegen dieser Heterogenitätder Harnwegsinfektionen spricht man am be-
Epidemiologie
sten von HWI-Syndromen. Die Übergänge zwischen den verschiedenen
Im Gegensatz zu Männern sind Frauen sehr viel
HWI-Syndromen sind z.T. fliessend. Trotzdem
häufiger von HWI betroffen. Die Hälfte aller
sollen diese einzeln besprochen werden. Der
Frauen erleiden in ihrem Leben mindestens
vorliegende Artikel konzentriert sich auf die
einen HWI. Die Inzidenz ist in verschiedenen
Labordiagnostik der HWI ganz allgemein sowie
Altersabschnitten sehr unterschiedlich [2]. Bis
auf die Ätiologie, Pathogenese und die Thera-
zum Schuleintritt haben fast 8% aller Mädchen
pie der unkomplizierten HWI und der Pyelo-
einen ersten HWI durchgemacht [3]. Mit Auf-
nephritis der Frau. Ein an dieser Stelle nach-
nahme der sexuellen Aktivität steigt die Inzi-
folgender Artikel fokussiert auf die Harnwegs-
denz auf ca. 0,5 Episoden pro Jahr («honey-
infektionen des Mannes und auf die komplizier-
moon cystitis») und sinkt im späteren ge-
ten, schwierig behandelbaren HWI-Syndrome.
schlechtsaktiven Leben auf ca. 0,1 Episoden
Nicht behandelt werden an dieser Stelle Harn-
wegsinfektionen bei Kindern. Diese haben ihre
eigene Pathogenese und Klinik und damit ihre
eigene Problematik betreffend Diagnostik, The-
Mikrobielle Erreger der einfachen Harnwegsinfektionen, Prädisposition und Pathogenese andreas.gerber@szb-chb.ch
definieren wir als HWI, welche unter begünsti-
Über 90% der einfachen HWI sind durch eineneinzelnen Erreger, meist E. coli, verursacht. Tabelle 1. Definition der «einfachen» Harnwegsinfektion.
Weniger häufig isolierte Erreger (mit z.T. unkla-rer pathogenetischer Bedeutung) sind Koagu-
1. Fehlen von komplizierenden Faktoren wie
lase-negative Staphylokokken (Staphylococcus
Anamnestisch erste Pyelonephritis in der Kindheit (vor 7jährig)
Anamnestisch schwerere Nierenkrankheit und/oder nephrotoxische Medikamente
andere Streptokokken und Pilze. Pseudomona-
Immundepression jeglicher Art inkl. Diabetes mellitus
Zu Grunde liegende Nierenkrankheit (Stein, Reflux, Zystennieren,
Keime weisen auf einen komplizierten HWI hin,
neurogene Blase oder andere Abflussbehinderung)
ebenso Staphylococcus aureus. Bei «steriler»
Nosokomiale Infektion; St.n. instrumentellen Eingriffen, liegender Blasenkatheter
symptomatischer Pyurie stellt sich die Fragenach einem Erreger, welcher auf den üblichen
Dauer der Symptome länger als eine Woche (insbesondere unter antibiotischer
Kulturmedien (Urikult etc.) nicht wächst:
(Tuberkulose!), Adeno- und Herpesviren. Eine
polymikrobielle Bakteriurie weist primär auf
2. Spontanheilung resp. Heilung nach antibiotischer Kurztherapie
3. Rezidivfreies Intervall von mind. zwei Wochen nach antibiotischer Kurztherapie
Die einfache Urethritis/Zystitis ist praktischimmer das Resultat einer aufsteigenden Infek-
tion. Am Anfang steht die bakterielle Besiede-
kommt die Aufgabe der Differenzialdiagnostik
lung der vaginalen und periurethralen Region,
begünstigt durch eine genetische Prädisposi-
Ausschluss einer akuten Vulvitis resp. eines
tion, welche in einem komplexen Zusammen-
hang steht mit Blutgruppenfaktoren der be-
troffenen Frauen. Zusätzliche Faktoren, welche
lonephritis, Fremdkörper, Abflussstörung,
die bakterielle Besiedelung der Vagina und der
periurethralen Region begünstigen, sind der
Ausschluss resp. Bestätigung einer Schwan-
als Kontrazeptiva und der Östrogenmangel [4]. Das Aufsteigen der Bakterien durch die Urethra
Zum Ausschluss einer Vulvitis (Herpes, Bartho-
in die Harnblase wird begünstigt durch mecha-
linitis) und eines AUS (Chlamydien, Gonorrhoe,
nische Faktoren (insbesondere sexuelle Akti-
Herpes) gehören die (Sexual-)Anamnese, die
vität) und bakterielle Faktoren wie Motilität
klinische Untersuchung und eine gezielte Fra-
und Adhäsionsvermögen der Bakterien [5].
gestellung an das mikrobiologische Labor, zur
Verschiedene Faktoren sind relevant dafür, ob
die Bakteriurie nach Besiedelung von Urethra
eines HWI zusätzlich die Gesamtbeurteilung
und Blase asymptomatisch bleibt oder nicht.
(Fieber, Palpationsbefund). Schliesslich muss
Bakterielle Fimbrien sind gut untersuchte Viru-
der behandelnde Arzt aufgrund der Gesamtbe-
lenzfaktoren, welche den Bakterien die Fähig-
urteilung auch entscheiden, ob der ursächliche
keit verleihen, sich an den Epithelien des Uro-
Erreger (Kultur/Antibiogramm) gesucht wer-
genitaltraktes festzuhalten und inflammatori-
den muss; denn nötig für die initiale Therapie
sche Faktoren des Wirtes zu aktivieren. Bakte-
eines einfachen HWI ist der Erregernachweis
rien, welchen diese Fimbrien fehlen, führen in
primär nicht (siehe Therapie) – es sei denn, es
der Regel zu oligo- oder asymptomatischen
liege eine Schwangerschaft vor, welche eine
Harnwegsinfektionen. Ein weiterer bakterieller
therapeutische Langzeitstrategie erfordert.
Virulenzfaktor ist die Vermehrungsfähigkeitder Bakterien im Urin und deren Anpassungs-
Labordiagnostik
vermögen an Faktoren im Urin, welche dasBakterienwachstum hemmen (Osmolarität, or-
einer Harnwegsinfektion
ganische Säuren, lokal produzierte Antikörperetc.). Andererseits ist die physiologische Uro-
Die Diagnostik eines HWI erfolgt in drei Schrit-
dynamik ein unspezifischer Abwehrmechanis-
ten: Interpretation der Klinik, Entnahme von
geeignetem Untersuchungsmaterial und Labor-
Urinflow, Miktionsfrequenz und Residualvolu-
tests. Nicht nur für die Diagnose, sondern v.a.
auch für das Festlegen des therapeutischenProzedere ist von entscheidender Wichtigkeit,dass alle drei berücksichtigt werden. Allzu häu-
fig verlassen sich Praktiker und v.a. Klinikerallein auf die Labordiagnostik ohne Beachtung
Die Symptomatologie eines klassischen HWI
von Klinik und Entnahmetechnik des Untersu-
umfasst typischerweise Pollakisurie, Dysurie,
chungsmaterials. Daraus resultieren häufig
gelegentlich Fremdkörpergefühl. Fieber und
Fehlbeurteilungen, unnötige und falsche Anti-
Schüttelfrost gehören nicht zum einfachen
biotikatherapien mit entsprechenden unliebsa-
HWI. Sie lenken den Verdacht auf eine Kompli-
kation eines HWI (Infekt bei Harnabfluss-
von bakterieller Resistenz oder Superinfektion)
störung, Pyelonephritis, Sepsis) oder darauf,
dass es sich um einen sekundären HWI bei in-
Im Gegensatz zum Routine-Urinstatus ist die
itial septischem Geschehen handelt (v.a. bei
mit klarer Fragestellung indizierte, gezielte
Staphylokokken- oder Pilzsepsis mit oder ohne
Untersuchung des sauber entnommenen Urins
Endokarditis). Der Anamnese und der klini-
(Blasenpunktion, Einmalkatheter oder sog.
schen Untersuchung kommen v.a. dann Bedeu-
Mittelstrahlurin) für die Diagnose eines HWI
tung zu, wenn es sich um ein wiederholtes
von entscheidender Bedeutung. Diese basiert
Rezidiv (siehe unten) oder um einen febrilen
auf dem Nachweis von Pyurie, Proteinurie und
(falls angezeigt) semiquantitativer Bakteriolo-
Steinleiden, Genitalatrophie, Prostatahyper-
plasie mit oder ohne Harn-Abflussstörung,
Die korrekte Abnahme von Urin ist in der Pra-
Überlaufblase, Klopfdolenz der Nierenloge bei
xis nicht einfach. Die theoretischen Empfehlun-
gen zur Entnahme eines sog. Mittelstrahlurins
Aufgrund von Dysurie und Pollakisurie stellt die
sind im Alltag allzu oft unrealistisch. Bei klini-
betroffene Patientin meist selber die Verdachts-
diagnose eines HWI. Dem behandelnden Arzt
wegsinfekt bei einer nicht schwangeren er-
wachsenen Frau gilt die praktische Empfeh-
unter einer antibiotischen Therapie stand resp.
lung, ohne Zusatzuntersuchungen direkt eine
die erste Antibiotikadosis schon vor der Urin-
empirische Antibiotikakurztherapie einzulei-
entnahme eingenommen hat. Bei einigen Anti-
ten (siehe unten). Dieses Vorgehen ist in jedem
biotika genügen einige Minuten von der Anti-
Fall besser, als den sogenannten «Spontan-
biotikaeinnahme bis zur artifiziellen «Sterili-
urin» im Labor untersuchen zu lassen. Die
sierung» des Urins. Persisitieren Symptome
Labordiagnostik ist dagegen indiziert, wenn
und sterile Pyurie, so liegt evtl. eine Infektion
mit Chlamydien, Ureaplasmen oder eine Uro-
der Verdacht eines therapierefraktären HWI
genitaltuberkulose vor, Infektionen mit Erre-
oder eines wiederholten HWI-Rezidivs vor-
gern also, welche auf den üblichen Kulturme-
dien nicht wachsen und ohne klare Auftrags-
ein komplizierter HWI vermutet wird, wel-
erteilung vom mikrobiologischen Labor auch
cher in jedem Fall zusätzliche Abklärungen
und eine längere Antibiotikatherapie erfor-
Urin-Streifenteste weisen nicht eine bestimmte
Zahl von Leukozyten im Urin nach, sonderneinen «Surrogat-Marker», die Leukozyten-
In all diesen Fällen sollen die Laborunter-
esterase. Diese Teste sind Screening-Teste für
suchungen nicht anhand von Spontanurin er-
den gleichzeitigen Nachweis von «Leukozyten»
folgen, sondern aus einem korrekt entnomme-
und von Nitrit im Urin. Nitrit ist ein Hinweis
nen Mittelstrahlurin. Ist in dieser Situation die
auf Enterobakteriazeen, welche Nitrat zu Nitrit
Entnahme eines Mittelstrahlurins nicht mög-
konvertieren. Die Korrelation der Testresultate
lich oder nicht zumutbar, so muss entweder
dieser Streifenteste mit dem Vorliegen eines
katheterisiert oder die Blase suprapubisch
HWI hat Grenzen. Je nach Studie erwiesen sich
Sensitivität und Spezifität als sehr variabel
Für die Interpretation von Laborresultaten
[8–10]. Verschiedene Antibiotika können das
einer Urinprobe muss klar ersichtlich sein, wel-
Resultat in unterschiedlicher Art verfälschen
cher Art die Urinprobe war (Spontan-, Mittel-
[11]. Ist der/die PatientIn symptomatisch, so
strahl- oder Katheterurin). Kontamination ist
muss der Urin nicht (nur) mittels Streifentest,
bei jeder Art von Urinproben möglich und mit
sondern mittels Mikroskopie und semiquan-
Ausnahme des Blasenpunktionsurins sogar titativer Bakteriurie (Uricult®) untersucht wer-die Regel. Indikator für Kontamination ist die
Zahl der mikroskopisch bestimmten Platten-epithelzellen. Übersteigt diese in einer gegebe-
Semiquantitative Diagnostik
nen Urinprobe die Anzahl Granulozyten, so istdas Untersuchungsmaterial und damit alle in
der Bakteriurie
diesem Material bestimmten Infektionspara-meter potenziell irreführend und damit un-
teriurie kann mikroskopisch (Gram-Färbung)
Der Nachweis einer Pyurie ist in jedem Fall se-
oder mittels Eintauchplättchentest erfolgen.
miquantitativ. Je nach Labor wird die Pyurie
Der Plättchentest hat den Nachteil, dass ein
definiert durch die Anzahl im unzentrifugierten
Resultat in der Regel nicht vor ca. 18 Std. vor-
Urin gefundener Leukozyten, normalerweise
liegt, andererseits aber den Vorteil, dass er in
>8000/ml Urin [7]; >20 000 Leukozyten/ml ist
geschulten Augen eine Wahrscheinlichkeitsdia-
die Definition in jedem Fall erfüllt. Dies ent-
gnose bezüglich des Erregers und dessen Resi-
spricht ca. 2–5–10 Leukozyten pro Gesichtsfeld
Entscheidend für die Qualität des Plättchentest-
Sterile Pyurie in einer korrekt entnommenen
Resultats und dessen Interpretation ist die
Urinprobe ist v.a. dann ein ernstzunehmender
Qualität der Entnahmetechnik eines Urins und
Befund, wenn gleichzeitig die Symptome eines
das Wissen, ob die erwartete Entnahmetechnik
HWI vorliegen. Aber auch ohne diese stellt sich
die Frage nach einer Ursache: antibiotische
Standard und damit auch der Vergleichsstan-
Aktivität im Urin (iatrogen), Kontamination des
dard für den Plättchentest ist der durch Blasen-
Urins durch Desinfektionsmittel (Chlorhexidine
punktion gewonnene Urin. Dieser ist physio-
etc.), Kontamination des Urins mit vaginalem
logischerweise steril resp., falls positiv, bewei-
Fluor (meist Leukozyten und Epithelzellen),
send für das Vorliegen eines HWI. Die Stan-
interstitielle Nephritis (v.a. bei Analgetikaab-
darddefinition eines HWI wurde aus verschie-
usus), Urothelkarzinom, Nephrolithiasis (gleich-
zeitig Mikrohämaturie). Insbesondere beim
punktionsurin und korrekt entnommenem Mit-
telstrahlurin (Frauen!) abgeleitet. Nach dieser
suchung wiederholt werden. Gleichzeitig muss
routinemässig angewendeten Definition ent-
die Anamnese minuziös ergänzt werden. Häu-
sprechen >105 gramnegative Keime einer
fig ergibt diese, dass der/die PatientIn schon
«signifikanten» Bakteriurie [12, 13].
Diese Definition unterliegt jedoch wichtigen
Es ist eine Ermessensfrage, ob bei erstem ein-
Einschränkungen [13]. Zunächst ist zu berück-
fachem HWI aufgrund der gezielten Anamnese
sichtigen, dass diese Definition nur für Frauen
(inkl. Sexualanamnese) ein Urinstatus und eine
gilt (bei Männern ist die Kontaminationsgefahr
semiquantitative Bakteriurie aus Mittelstrahl-
der Urinprobe wesentlich kleiner). Aber auch
urin durchgeführt werden sollen. Von praktisch
bei Frauen kann eine wesentlich niedrigere
grösserer Relevanz sind je nach Situation die
wohl einem floriden Infekt, allenfalls einem
Chlamydieninfekt und allenfalls die Beratung
akuten Urethralsyndrom entsprechen [14, 15],
welches auf eine entsprechende Antibiotika-
Die Therapie ist in der Regel einfach (siehe
therapie verschwindet. Dabei zeigten sich in
unten). Nachkontrollen sind bei fehlenden
Studien neben E. coli auch Staphylokokken
Symptomen nicht nötig (Ausnahme: gesicherte
oder Chlamydien als ursächliche Erreger [14,
resp. Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit),
denn die persistierende asymptomatische Bak-
Weitere mögliche Faktoren, weshalb Frauen
teriurie ist keine Indikation für eine antibio-
mit floridem Harnwegsinfekt eine niedrige
Keimzahl im Urin aufweisen können, sind: An-fangsstadium eines Infektes, Auswaschen vonBakterien durch hohen Urinfluss, unterschied-
Rezidiv und Reinfekt
liche Virulenz (und Toxinbildung) der ursäch-lichen Erreger und nicht selten die (Selbst-)Vor-
Sich wiederholende HWI sind insbesondere bei
behandlung mit Antibiotika. Die Schlussfolge-
genetisch prädisponierten Frauen häufig. In
rung ist einfach: Nicht eine strikt definierte
einer finnischen Verlaufsstudie erlitten 47%
Keimzahl im Urin ist entscheidend für die
der beobachteten 17–82jährigen Frauen einen
Diagnose und die Indikation für die Therapie
zweiten oder dritten HWI innerhalb eines Jah-
eines floriden Harnwegsinfektes, sondern die
res [16]. In einer anderen Studie wurden bei
Konkordanz zwischen Symptomen, Pyurie und
Studentinnen nach einem ersten HWI in 27%
ein zweiter HWI innerhalb von sechs Monatenbeobachtet [17]. Praktisches Vorgehen
Von praktisch ausserordentlicher Bedeutungist die Unterscheidung zwischen Rezidiv und
und Therapie
Reinfekt. Rezidive sind selten, Reinfekte sinddagegen sehr häufig, dies insbesondere bei
Das praktische Vorgehen richtet sich nach der
Vorliegen prädisponierender Faktoren (siehe
vermuteten Ursache der Dysurie (Tab. 2). Weit-
oben) [18, 19]. Eine Unterscheidung zwischen
aus am häufigsten liegt ein «einfacher» HWI
Rezidiv und Reinfekt kann indes nicht durch
vor. Doch sind in jedem Fall anamnestisch und
einfache mikrobiologische Untersuchungen er-
klinisch komplizierende Faktoren (Tab. 1) aus-
folgen, da sich hinter dem kulturell nachweis-
zuschliessen. Für die Therapie sind schliesslich
baren E. coli unterschiedliche Serotypen ver-
stecken. Serologische und molekularbiologi-
Patientinnen, welche wegen akuter Dysurie
sche Untersuchungen haben jedoch sehr schön
gezeigt, dass es sich beim Reinfekt (im Gegen-
Patientinnen mit rezidivierender Dysurie.
satz zum Rezidiv) meist um einen neuen Stammvon E. coli handelt [20]. Beim Reinfekt täuscht
Tabelle 2. Differenzialdiagnostik der akuten Dysurie. Krankheit Infektlokalisation Erreger/ml Urin
1 Erreger: meist Pilze, eventuell Herpes2 Erreger: Chlamydien, Gonokokken, Herpes, Adenoviren3 Erreger: E. coli; koagulase-negative Staphylokokken; (Streptokokken)4 Erreger: E. coli, Enterokokken; Enterobakteriazeen
Tabelle 3. Abklärung/Behandlung der einfachen HWI-Syndrome. Klinische Situation Diagnostik Therapie
Urinstatus; quant. Bakteriurie Antibiotikum (10–14 Tage)
Antibiotikum (14 Tage) evtl. initial i.v.
infektionen basieren auf dieser praktischen
Tabelle 4. Antibiotische Kurztherapie (3 Tage) der «einfachen» Harnwegsinfektion. Antibiotikum Dosis pro Tag Bei Schwangerschaft Therapie der einfachen Zystitis
Eine Task-Force-Gruppe der amerikanischen
Infectious Diseases Society erarbeitete und
publizierte im Jahre 1999 Richtlinien für die
Behandlung von einfachen HWI bei der nichtschwangeren Frau [21]. Die Empfehlungen
sind «evidence based». Sie sind die Arbeit
einer Expertengruppe, welche ihre Meinung in
einem standardisierten Rangierungs-System
kundtut. Dieses System berücksichtigt die
Qualität der Evidenz der gesamten heute zur
Verfügung stehenden einschlägigen Literatur. Auf dieser Basis wurden die Empfehlungensemiquantitativ gewichtet. Die Empfehlungenwerden unterstützt von der Amerikanischen
«E. coli» also häufig ein Rezidiv vor, das keines
Urologengesellschaft und der Europäischen
Infektiologengesellschaft. Die publizierten Richt-
In der Praxis erfolgt die Unterscheidung zwi-
linien werden z. Z. reevaluiert, doch sind keine
schen Rezidiv und Reinfekt nach einer (serolo-
wesentlichen Änderungen zu erwarten. Damit
gisch validierten) praktischen Regel: Die Sym-
haben diese auch heute noch ihre volle Gültig-
ptome eines «einfachen» HWI heilen in >90%
keit. Die wichtigsten Empfehlungen sind fol-
spontan oder nach einer antibiotischen Kurz-
gende (Dosierungen und Therapiedauer: siehe
therapie innerhalb weniger Tage ab. Ist dies
nicht der Fall oder kommt es nach Absetzen
Die einfache Zystitis der nicht schwangeren
einer antibiotischen Kurztherapie schon inner-
Frau soll während drei Tagen mit Trimetho-
halb von zwei Wochen wieder zu Symptomen,
prim-Sulfamethoxazol (TMP-Sulfa) oder einer
so liegt möglicherweise ein echtes Rezidiv vor.
Ist das symptomfreie Intervall grösser als zwei
gilt für geographische Räume mit einer <20pro-
Wochen, so handelt es sich in der Regel nicht
zentiger TMP-Sulfa-Resistenz von E. coli (in
um ein echtes Rezidiv, sondern um einen Rein-
der Schweiz z.Z. zutreffend). Eine vorgängige
fekt. Die therapeutischen (und diagnostischen)
Erregeridentifikation ist primär nicht nötig. Die
Empfehlungen für «rezidivierende» Harnwegs-
Fluorochinolone Norfloxacin, Ofloxacin, Cipro-
floxacin und Fleroxacin sind dem TMP-Sulfa
menon; Gefahr des Kernikterus bei Neugebore-
ebenbürtig, mit grosser Wahrscheinlichkeit
ebenso die neueren Chinolone, dies allerdings
tikum erfolgen: Amoxicillin oder Amoxi-Clav
mit unterschiedlichem Nebenwirkungsprofil.
(3҂375 mg), Nitrofurantoin (2҂100 mg) oder
Die Chinolone werden aber nicht als Erstlinien-
allenfalls ein Cephalosporin (z.B. Cefuroxim,
Medikamente empfohlen, dies infolge wesent-
Cefpodoxim oder Cefepim). Insbesondere nach
lich höherem Preis und wegen ihrer Wirksam-
einer Kurztherapie (drei Tage) wird in der
keit in komplizierten Harnwegsinfektionen.
Valable Alternativen zu TMP-Sulfa sind Nitro-
trolle mittels Urinstatus und Urikult empfohlen.
furantoin oder allenfalls Fosfomycin. Die Beta-
Nitrofurantoin ist für problematische Fälle das
Laktamantibiotika (Aminopenicilline mit und
bestdokumentierte Medikament für eine allen-
ohne Beta-Laktamase-Inhibitor und Cephalos-
falls notwendige Prophylaxe (siehe unten).
porine) sind im Vergleich zu TMP-Sulfa undChinolonen in der Behandlung der unkompli-zierten Zystitis klar weniger wirksam und
Therapie der Pyelonephritis Antibiotikatherapie
Allgemeinsymptome (Fieber <38 oC, höchstensleicht erhöhte Leukozytenzahl, Fehlen von
in der Schwangerschaft
Nausea und Erbrechen, gute Patientencompli-ance) kann und soll ambulant während 14
Patientinnen mit rezidivierenden HWI sind
Tagen (allenfalls nur sieben Tage) oral mit
während der Schwangerschaft besonders ge-
einem Fluorochinolon behandelt werden. Ist
fährdet und dementsprechend kontrollbedürf-
der Erreger nachweislich TMP-Sulfa-empfind-
tig. Für Prädisposition, Pathogenese und Be-
lich, so ist dieses Medikament ebenbürtig. Ist
handlung des HWI sind in dieser Situation
der ursächliche Erreger grampositiv (Entero-
besondere Faktoren von Bedeutung [22]. In-
kokken, Staphylokokken), so wird Amoxicillin
folge Weiterstellung der Ureteren und schlech-
resp. Amoxi-Clav empfohlen. In Zweifelsfällen
terem Urinfluss besteht eine erhöhte Gefahr
soll die Therapie initial für 12–24 Std. in einer
der aszendierenden Pyelonephritis, die Behan-
Notfallstation i.v. erfolgen, wonach je nach Ver-
delbarkeit ist erschwert und die Rezidivnei-
lauf auf eine ambulante orale Antibiotikathera-
gung grösser. Andererseits soll der Fötus nicht
unnötig lange (potentiell toxischen) Medika-
Eine schwere Pyelonephritis (hohes Fieber,
menten ausgesetzt sein; einige Antibiotika schwer beeinträchtigter Allgemeinzustand,sind relativ kontraindiziert (insbesondere die
Nausea, Erbrechen, Zeichen einer Sepsis, hohe
Gruppe der Chinolone und im dritten Trimenon
auch TMP-Sulfa). Die Wirksamkeit der Kurz-
brauchsleukopenie) erfordert die Erregeriden-
therapie (drei Tage) ist bei der schwangeren
tifikation (Urinkultur, siehe oben) und eine in-
travenöse Antibiotikatherapie unter stationä-
Bei symptomatischem HWI in der Schwanger-
ren Bedingungen. Die «richtige» empirische
schaft wird in jedem Fall eine Keimidentifi-
initiale Therapie ist in dieser Situation ein
kation inkl. Antibiogramm empfohlen. Bis zum
Chinolon parenteral oder eine Kombinations-
Eintreffen des Resultates kann eine empirische
therapie mit einem Aminoglykosid (z.B. Genta-
Therapie mit TMP-Sulfa (ausser im dritten Tri-
micin, Tobramycin) plus Aminopenicillin, beigrampositiven Erregern ein Aminopenicillin(Amoxicillin) plus Betalactamase-Inhibitor(Clavulansäure oder Sulbactam), initial allen-falls kombiniert mit einem Aminoglykosid. Tabelle 5.
Nach Stabilisierung der Situation (meist nach
Prophylaxe bei gehäuften HW-Reinfektionen (>3–4 Infektionen pro Jahr).
48–72 Std.) wird je nach Erreger auf eine oraleTherapie (siehe oben) gewechselt.
Evtl. antibiotische Selbsttherapie (3 Tage: TMP-Sulfa oder Nitrofurantoin; evtl. Norfloxacin)
Rezidivierende HWI: Prophylaxe
Evtl. Antibiotikaprophylaxe (1҂ täglich abends oder postkoital)
und «prophylaktische» Selbsttherapie
Erleidet eine nicht schwangere Frau sehr
häufige HW-Reinfektionen, so muss zunächst
versucht werden, die Risikofaktoren zu eli-minieren (siehe oben). Dazu gehört eine Be-
Östrogentherapie (topische und intravaginaleÖstriolcrème) zu einer 10fachen Abnahme
Quintessenz
der HWI-Inzidenz und hat damit ihren klarbelegten prophylaktischen Wert [23]. Weitere
¼ Einfache Harnwegsinfektionen (HWI) sind bei Frauen in jedem Alter
häufig, dies auch bei anatomisch und physiologisch normalen Harnwegen.
schlecht dokumentiert. Dazu gehören vermehr-
¼ Eine genetische Prädisposition begünstigt die Adhärenz von E. coli an
tes Trinken, häufigere (v.a. postkoitale) Miktion
Harnwegsepithelien und erklärt die familiäre Häufung von einfachen
und die Einnahme grösserer Mengen von Prei-
selbeersaft. Gut belegt ist dagegen die Wirksamkeit einer
¼ Risikofaktoren für rezidivierende HWI sind sexuelle Aktivität, Gebrauch
antibiotischen Prophylaxe (Tab. 5) [24–28]. Als
von Spermiziden, Diaphragmen und Östrogenmangel.
postkoitale oder als allabendliche Einzeldosis
¼ Therapie und Therapiedauer von sporadischen Harnwegsinfektionen und
unterdrückt eine solche den Reinfekt in über
Reinfektionen sind identisch; sie können empirisch erfolgen: bei Auftreten
90% der Fälle erfolgreich [29, 30]. Nach Ab-
von typischen Symptomen Trimethoprim-Sulfametoxazole, Furadantin
setzen der Antibiotikaprophylaxe stellt sich
oder ein Quinolon der ersten Generation für drei Tage.
jedoch rasch wieder die prä-prophylaktischeHWI-Inzidenz ein. Erfolge wurden in drei kli-
¼ Als Prophylaxe von rezidivierenden HWI sind folgende wissenschaftlich
nischen Studien mit der intermittierenden
belegt: postkoitale oder kontinuierliche Einnahme von niedrig dosierten
HWI-Selbstdiagnostik und Selbsttherapie (bei
Antibiotika und frühzeitige Selbsttherapie durch die betroffenen Patien-
Auftreten typischer Symptome Antibiotikum
für drei Tage ) erreicht [31–33]. Die prophylak-
¼ In der Postmenopause ist die Wirksamkeit von topischen Östrogenen als
tische Selbsttherapie wird jedoch nur bei gut
Prophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen gut belegt.
informierten, verlässlichen Patientinnen emp-fohlen und unter der Bedingung, dass sich diePatientin an den Arzt wendet, wenn die Sym-ptome ihres HWI nicht innerhalb von 48 Std.
ratung bezüglich Antikonzeption (Ersatz von
verschwinden. Die Gefahr einer bakteriellen
Diaphragma und Spermiziden). In der post-
Resistenzentwicklung scheint unter diesen Be-
menopausalen Lebensphase führt die lokale
Literatur
Java Bytecode to Native Code Translation: The Caffeine Prototype and Preliminary Results Cheng-Hsueh A. Hsieh John C. Gyllenhaal Wen-mei W. HwuCenter for Reliable and High-Performance Computing Abstract exists behind efforts to create such a software distributionlanguage. The progress, however, has been very slow due to The Java bytecode language is emerging as a software distribution