Das postoperative Delir ist eine häufige und lebensbedrohliche postoperative Komplikation (7). Seine Prävalenz wird häufig unterschätzt, die Rate an Fehldiagnosen ist hoch (7). Es gibt auslösende Mechanismen, die beeinflussbar sind. Wenn sich schließlich ein postoperatives Delir entwickelt, wird es häufig zu spät erkannt und/oder eine erfolgreiche Intervention erfolgt mit Verzögerung. Je mehr Zeit verstreicht, in der ein postoperatives Delir „reifen“ kann, desto aggressiver und riskanter muss später die Therapie werden. Mit einer inadäquaten Therapie erhöht sich die Lebensgefahr des Patienten. Die Kenntnisse prädisponierender Faktoren und der anerkannten und effektiven Therapie sind für jeden Arzt essentiell, der mit Patienten nach diagnostischen oder operativen Interventionen in Kontakt kommt. Definition (8) : Ein Delir ist ein organisches Hirnsyndrom, das sich akut entwickelt, einen fluktuierenden klinischen Verlauf zeigt und gekennzeichnet ist durch Störungen von
• Aufmerksamkeit
• Wahrnehmung • Psychomotorik und Verhalten
Ein Delir kann das erste Symptom einer Erkrankung sein (z.B. Pneumonie) oder eine unerwünschte Wirkung eines Medikaments repräsentieren. Delirante Patienten neigen zur Selbstgefährdung und Selbstverletzung, eine inadäquate Immobilisierung oder Sedierung führt mit höchster Wahrscheinlichkeit zu schweren Atemwegskomplikationen (Sekretretention, Dystelektasen, nosokomiale Pneumonie) bzw. zu Lagerungsschäden. Die Folgen eines Delirs sind erhöhter personeller Aufwand, eine Verlängerung des Krankenhausaufenthalts, erhöhte Kosten und eine Mortalität bis zu 40% (7,9). Klinik: typischerweise beginnt ein postoperaties Delir innnerhalb der ersten 4 Tage nach einem Eingriff. Häufig ist ein Prodromalstadium erkennbar, mit Symptomen von Reizbarkeit, Verwirrtheit oder auch Rückzug und verärgert-ausweichendem Verhalten (7). Mitunter wird dem Personal ein feindseeliges Verhalten unterstellt. Das Prodromalstadium erscheint typischerweise abends oder nachts. Die Störung von Aufmerksamkeit ist das zentrale Symptom des Delirs, die Patienten sind hochgradig ablenkbar und können sich nicht konzentrieren. Das kurz- und mittelfristige Gedächtnis ist gestört, zeitliche Desorientierung ist die typische Folge. Die Orientierung zu Ort und Person bleibt lange erhalten, die Fluktuation der Symptome ist typisch. Verhalten bzw. Wachheit sind in 2 mögliche Richtungen abgelenkt: das hyperaktiv-agitierte Verhalten ist gekennzeichnet von motorischer Unruhe (Nesteln, Zupfen, Stereotypien, zwecklos-repetitive Handlungen, Fluchtäquivalente), erhöhter Wachsamkeit bzw. verstärkte Reaktion auf Reize und einem gesteigerten Sympathikotonus (Hypertonie, Tachykardie, Schwitzen, Hyperthermie etc.). Das hyperaktive Delir wird den meisten als das „typische Delir“ erscheinen. Das ist aber möglicherweise nur deswegen der Fall, weil hyperaktives Verhalten auffälliger ist als zurückgezogenes und silentes. Die beiden Erscheinungsformen des Delirs sind etwa gleich häufig, die hypoaktive Erscheinungsform zeigt üblicherweise schwerere kognitive Störungen und hat einen längeren Krankenhausaufenthalt zur Folge. Das hypoaktive Delir ist typisch für eine metabolische Ätiologie, die hyperaktive Variante ist häufig mit Alkoholentzug assoziiert. Das Denken des Deliranten ist in progressiver Weise gestört und hat traumartigen Charakter, die Folge der Gedanken ist weitschweifig, ziellos, unlogisch oder ohne Zusammenhang, die Urteilsfähigkeit
ist schwer beeinträchtigt∗ . Wahnsymptome wie Halluzinationen kommen in 70% vor und haben meist Verfolgungs- und Beeinträchtigungsthemen zum Inhalt. Fehlinterpretationen der Wahrnehmung und Halluzinationen treten hauptsächlich nachts auf und erscheinen als „ängstlich-agitiertes“ Verhalten. Charakteristisch sind 2 Arten von Bewegungsstörungen, die beim Delir vorkommen: Asterixis (flapping-Tremor, häufig mit metabolischen Ursachen assoziiert) wird deutlich, wenn man den Patienten auffordert, die Arme und Hände horizontal gestreckt zu halten; multifokale Myoklonien (unwillkürliche Aktivität von Muskelgruppen an mehreren, rasch wechselnden Stellen) treten vor allem im Bereich von Gesicht und Schultern auf. Diagnose: der AMT (abbreviated mental test) ist ein sehr sensitiver und spezifischer Test für hospitalisierte Patienten, um ein Delir zu diagnostizieren. Der Test besteht aus 10 Fragen, werden 3 oder mehr Fragen falsch beantwortet, so ist der Test positiv zu bewerten. Tabelle 4: abbreviated mental test (AMT) zur Diagnose des Delirs (adaptiert an österreichische Bedingungen#)(nach 10)
1. Wie alt sind Sie ? 2. Wie spät ist es ? (nächste volle Stunde) 3. Merken Sie sich bitte die folgende Adresse: Kirchengasse 42 4. Welches Jahr haben wir gerade ? 5. Wie heißt dieses Krankenhaus ? 6. Wiedererkennen von 2 Personen (z.B. Schwester, Arzt) 7. Wann sind Sie geboren ? 8. In welchem Jahr hat der Erste Weltkrieg begonnen ? 9. Wie heißt der Bundespräsident ? 10. Zählen Sie bitte zurück, von 20 bis 1
Wie lautet die Adresse, die Sie sich gemerkt haben ?
Tabelle 5: Differentialdiagnose Delir-Demenz (nach O´Keeffe, 7) Delir Aufmerksamkeit
unbeeinträchtigt, außer bei starker Ausprägung
Orientierung Gedächtnis Wahrnehmung Störungen Sprache inkohärent Schlaf-Wachrhythmus immer unterbrochen
häufig unterbrochen bei schwerer Demenz
Wird die Diagnose Delir in Zweifel gezogen, so kann ein EEG eine nützliche Untersuchung sein (7). Häufigkeit: in der Literatur werden verschiedene Inzidenzraten angegeben. Die Inzidenz des Delirs ist abhängig vom chirurgischen Eingriff, von der untersuchten Population (Altersschnitt), vom präoperativen kognitiven und physischen Allgemeinzustand und von den verwendeten sedierenden Medikamenten. Bei Intensivpatienten kommt es in 20-40% zur Entwicklung eines Delirs (11), Patienten mit Verbrennungen dürften mit besonders großer Wahrscheinlichkeit dazu disponieren. Viele Transplantationskanditaten haben infolge metabolischer Abweichungen häufig ein präoperatives Delir, das mitunter nach dem Eingriff
∗ der Delirante kann für sich selbst keine Verantwortung übernehmen (= nicht reversfähig !)
# in der britischen Originalversion heißt es bei Frage 3: 42nd West Street, Frage 9: name of monarch
durch eine verbesserte metabolischen Situation verschwindet. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Risiko eines postoperativen Delirs mit der Komplexität des chirurgischen Eingriffs zunimmt (7). Es wäre aber ein Fehlschluss, anzunehmen, dass die Entstehung eines postoperativen Delirs ausschließlich durch Chirurgie oder Anästhesie verursacht wird (7). Tabelle 6: Inzidenz des postoperativen Delirs in Abhängigkeit vom Eingriff
Aortenaneurysma-Chirurgie 46% Schenkelhalsbruch, operativ versorgt Intensivpatienten 20-40% Folgen: durch ein Delir verlängert sich im Schnitt die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus um das 2-3-fache (7), die Mortalität steigt auf 4-39%. Typische Komplikationen im Gefolge eines Delirs sind Stürze, Wundliegen, Harnwegsinfekte, Ernährungsprobleme und Aspirationspneumonien. Nach Hüftgelenksersatz kommt es häufig zu Luxationen des operierten Gelenks (7). Etwa 7% der betroffenen Patienten zeigen eine massive und bleibende Verschlechterung der kognitiven Funktionen, einige werden dauerhaft pflegebedürftig. Nach jüngeren Studien dürften nach 6 Monaten noch immer 80% der Patienten veränderte kognitive Funktionen aufweisen. Daher wird in letzter Zeit die Annahme in Zweifel gezogen, dass das postoperative Delir eine „vorübergehende Störung der kognitiven Funktionen“ sei (7). Ätiologische Faktoren: es besteht die Annahme, dass multiple Faktoren in synergistischer Weise zusammenwirken (typische prädisponierende Faktoren s.u.). Bei manchen Patienten dürfte eine Phase von Hypoxie zu einem permanenten strukturellen Hirnschaden führen. Bei anderen Patienten scheint es so zu sein, dass der Auslöser für die Entwicklung eines Delirs sehr geringfügig ist und das Erscheinen eines Delirs eine verminderte zerebrale Leistungsreserve anzeigt bzw. eine zuvor klinisch unerkannte Demenz zur Dekompensation bringt (7). Pathophysiologie: im Vordergrund der theoretischen Betrachtungen steht die Vorstellung, dass ein Delir die klinische Manifestation einer diffusen, reversiblen Störung des oxidativen Hirnmetabolismus und einer ausgelenkten Neuotransmission repräsentiert (7). In der Regulation von Schlaf, Aufmerksamkeit und Gedächtnis sind zentrale cholinerge Bahnsysteme involviert. Diese reagieren sehr sensitiv auf toxische und metabolische Einflüsse. Möglicherweise sind auch serotoninerge und noradrenerge Mechanismen bei der Genese eines Delirs beeinträchtigt. Delirogene Medikamente und eine gestörte Sauerstoffversorgung des Gehirns haben den größten Einfluss im Hinblick auf die Genese eines postoperativen Delirs (7)
Tabelle 7: prädisponierende und präzipitierende Faktoren in der Entwicklung eines postoperativen Delirs (nach O´Keeffe, 7)
Alter über 75a strukturelle Hirnerkrankung (Demenz, cerebrovaskuläre Insuffizienz, M. Parkinson) schlechter AZ Depression anticholinerge Medikation Vitaminmangel (v.a. Thiamin) Alkohol- und BZD-Abhängigkeit und -Entzug Trauma (Fettembolie, SHT)
Epilepsie Angst ? Proteinmalnutrition ? Medikamente (siehe Tabelle ) Vermindertes Sauerstoffangebot (Hypotension, Hypoxämie, Hypokapnie, Hypovolämie, Anämie) kardiopulmonaler Bypass Infektion (Repirationstrakt, Harnwegsinfekt, Wundinfektion etc.) metabolische Störungen (Hypo/Hyperglykämie, Elektrolytstörungen, Azidose/Alkalose, endokrine Erkrankungen, Organinsuffizienz, Hypalbuminämie) Herzerkrankung (Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz) Schlafentzug Umgebungsfaktoren (sensorische Deprivation/Reizüberflutung) chirurgischer Eingriff Anästhesiedauer Die Kenntnis dieser Faktoren ist essentiell, da etliche beeinflussbar sind (z.B. postoperative Blutungsanämie) und einem präzipitierendem Faktor antizipatorisch begegnet werden kann (z.B. rechtzeitiges Erkennen und Behandeln eines reduzierten Hämoglobinbestandes). Die Existenz eines Delirs kann auch hinweisenden Charakter haben, wenn es als erstes Symptom einer Erkrankung auftritt, die noch subklinisch verläuft (z.B. kardiale Insuffizienz nach stillem Myokardinfarkt). Die häufigsten Auslöser für ein postoperatives Delir sind Hypoxämie, Infekte des Respirationstrakts, metabolische Störungen, vaskuläre Erkrankungen, Drogentoxizität und Alkoholentzug (12). Atemwegsinfekte treten bei 25% der älteren Menschen nach einem chirurgischen Eingriff auf und machen etwa ein Viertel aller vermeidbaren postoperativen Todesfälle aus. Ein Delir kann ein typisches Frühsymptom eines Atemwegsinfekts sein, noch ehe sich die typischen klinischen oder radiologischen Zeichen präsentieren. Ein Delir ist sowohl Ursache als auch Folge von Hyponatriämie und Dehydratation. Die typische Ursache der Hyponatriämie ist der antidiuretische Effekt von Stress. Schwere Hyponatriämien sind fast immer iatrogen und werden bei einem Serumnatrium < 125mmol/L klinisch manifest, typische Ursachen sind Verdünnungshyponatriämien (Zufuhr großer Mengen an Glucose 5%, transurethrale Eingriffe unter Mannitinstillation in die Harnblase, Resorption hypotoner Lavagelösungen etc.). Ein Serumnatrium >150mmol/L oder < 130mmol/L ist ein starker unabhängiger Prädiktor für die Entwicklung eines postoperativen Delirs. Schlaflosigkeit ist eher Folge als Ursache eines Delirs (7) Tabelle 8: Medikamente, die mit Delir assoziiert sind (nach O´Keeffe, 7) zentral anticholinerg wirksame Pharmaka Atropin,
Antipsychotika Antiparkinsonmittel Antiarrhythmika Benzodiazpine
halogenierte Kohlenwasserstoffe („Anästhesiegase“)
kardiovaskulär wirksame Medikamente Digitalis-Glykoside Betablocker Diuretika
Calziumantagonisten Antiepileptika antiinflammatorisch wirksame Pharmaka Corticoide NSAR Cyclosporin OKT3 gastrointestinal wirksame Pharmaka Metoclopramid Antibiotika Penicilline Cephalosporine Gyrasehemmer Aminoglykoside orale Antidiabetika
Die delirogene Wirkung der H2-Blocker ist nicht dosisabhängig (7). Ein Delir ist ein häufiges
Frühsymptom einer Digitalsüberdosierung beim älteren Menschen. Management: Ein erfolgreiches Management des Patienten mit Delir erfordert eine frühzeitige Diagnose und eine frühzeitige Behandlung der zugrundeliegenden Faktoren. Im Verlauf sollen Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt optimiert werden, adäquate Ernährung und eine psychologische Unterstützung sind essentiell. Die wenigsten Patienten benötigen eine pharmakologische Therapie, um vor selbstschädigenden Handlungen zu geschützt zu werden oder um ihren Distress zu kontrollieren. Physische Beschränkung ist inhuman, kann die Agitiertheit steigern und die Mortalität erhöhen (7). Aus der Anamnese werden sich Hinweise auf BZD- oder Äthanolabhängigkeit ergeben. Das Einbeziehen der nahen Bezugspersonen ist sehr ratsam, da der betroffene Patient nur mehr eingeschränkt explorierbar sein mag, sich Hinweise auf die biographische Anamnese ergeben (was den Zugang zum Patienten wesentlich erleichtert) und die Angehörigen auch eine wesentliche Unterstützung im Hinblick auf die Reorientierung leisten können. Im Rahmen der klinischen Untersuchung achtet man auf Zeichen der Dehydratation, Harn- oder Stuhlretention, Infektion, Gefäßerkrankungen und neurologische Auffälligkeiten (Meningismus ! Tremor, Myoklonien, lebhafte Relexe, Mydriasis, Schwitzen etc.). Die Krankengeschichte wird auf delirogene Medikamente durchforstet. Laboruntersuchungen umfassen komplettes Blutbild, Blutzucker, Elektolyte (Natrium, Chlorid, Kalium, Phosphor, Calzium), BUN und Creatinin, SGOT, GGT, Bilirubin, arterielle Blutgase und Harnbefund.12-Kanal-EKG, Lungenröntgen und Blutkulturen sind basale Diagnostik. Die second-line-Diagnostik umfasst in komplizierten Fällen CCT, EEG und Lumbalpunktion. Therapie: die Vorteile einer supplementären Sauerstoffgabe im Delir sind erwiesen (13). Im klinischen Alltag ist zu beobachten, dass sich die Patienten gegen alle möglichen „Beeinträchtigungen“ wehren und sie von sich weisen. Es ist der Kunst und Kreativität der Pflege und der ärztlichen Zuwendung anheimgestellt, wie erfolgreich diese supportive Maßnahme akzeptiert werden wird. Delirante Patienten neigen zur Dehydratation. Eine i.v.- Flüssigkeitstherapie ist indiziert, wenn ein Patient schockiert ist, wenn er stark dehydriert ist oder wenn er nicht in der Lage ist zu trinken. Die s.c.-Flüssigkeitstherapie wird als eine sinnvolle Alternative beschrieben, wenn die Dehydratation weniger stark ausgeprägt ist und wenn der Flüssigkeitsstatus erhalten werden soll (7). Obwohl der Beweis eines definitiven
Nutzens noch nicht erbracht werden konnte, sollten alle Patienten mit Delir ein Multivitaminpräparat erhalten (7). Furcht und Angst sind die dominierenden Gefühle während eines Delirs, beruhigende Zuwendung und Erklärungen sind wiederholt notwendig. Die Umwelt des Menschen im Delir soll so beschaffen sein, dass sie die Orientierung an einen Tag-Nachtrhythmus erlaubt (unter Tag natürliches Licht, nachts keine künstlich Beleuchtung, kein Lärm durch Alarme oder Geräte). Wenn immer möglich, sollen Angehörige beim Patienten sein dürfen, ihre Anwesenheit wirkt angstreduzierend und reorientierend (7). Die Pharmakotherapie des Delirs ist ein zweischneidiges Schwert: einerseits ist sie essentiell beim agitierten und halluzinierenden Patienten, andererseits kann eine Übersedierung das Delir verlängern, vor allem bei jenen Patienten, deren Verlauf zwischen Agitation und Lethargie fluktuiert (7). Antipsychotika sind die Medikamente der Wahl, zur Zeit gilt Haloperidol als das first-line-Medikament in der Akutbehandlung des Delirs (7). Man beginnt mit niedrigen Dosen und kurzen Dosierungsintervallen. Gegenüber den Benzodiazepinen haben Antipsychotika eine geringere Wahrscheinlichkeit, mit der respiratorischen Funktion zu interagieren oder die kognitiven Funktionen weiter zu verschlechtern (7). Für ältere Patienten ist orales Haloperidol in einer Dosis von 0,5-2mg , 3- 4x täglich adäquat. An Intensivstationen sind häufig höhere Dosen zur Beherrschung eines Delirs notwendig: bei geringgradiger Agitiertheit beginnt man mit 0,5-2mg i.v., bei starker Agitiertheit mit 5-10mg (14). Wenn die Agitation weiter fortbesteht, kann die Dosis alle 20 Minuten verdoppelt werden (7). Benzodiazepine sind die Medikamente der Wahl beim Entzug von Alkohol, Benzodiazepinen und bei Patienten mit Erkrankungen der Extrapyramidalmotorik (7). Lorazepam (Temesta®) und Temazepam (Levanxol® Remestan® ) haben kurze Halbwertszeiten und werden werden vielfach wegen ihrer guten Steuerbarkeit bevorzugt. In der Praxis werden jedoch auch BZD mit längeren Halberwertszeiten in bewährter Weise verabreicht, wie z.B. Diazepam (Gewacalm®) oder Nitrazepam (Mogadon®). Vor allem wenn höhere Dosen gegeben werden, muss eine Evaluation des Effekts und möglicherweise eine Dosisadaptation erfolgen. Auf Intensivstationen kann nachts kurzfristig und unterstützend Propofol (Diprivan®, Disoprivan®) bei schwerem Alkoholentzug oder einer starken Agitation durch andere Ursachen herangezogen werden, um einen raschen Schlafanstoß zu bewirken. Da seine Wirkung rasch abklingt und es exzellent steuerbar ist, kann einem möglichen Dosisexzess anderer Sedativa begegnet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass durch Anwendung Propofol keine therapeutische Handlung im engeren Sinn gesetzt wird. Wenn der Patient in Spontanatmung bleiben soll, muss die Vigilanz des Personals hoch sein. Man kann den Schlafanstoß mit 1mg/kg über 2 Minuten i.v. initiieren und dann je nach Wirkung, ausgehend von 2mg/kg/h, zurücktitrieren. Wird ein Delir durch anticholinerg wirksame Pharmaka verursacht, so kann Physostigmin (Anticholium®) die Symptome rasch beenden. Bei älteren Patienten beginnt man mit 0,5mg langsam i.v., diese Dosis kann bis zu einer Gesamtdosis von 2mg alle 10-20 Minuten wiederholt werden. Die Physostigmingabe kann auch von diagnostischem Wert sein. Leider ist der Effekt der Substanz kurz und die Liste seiner Kontraindikationen lang. Delirprophylaxe Unter diesem Begriff existieren an verschiedenen Institutionen Medikamentenregimes, deren Anzahl mindestens so groß ist, wie die Anzahl der Institutionen. Aus der Heterogenität der Maßnahmen ist zu erkennen, dass diese Regimes unkritisch tradiert werden und keines eine rationale Grundlage innehat. Häufig werden die entsprechenden Pharmaka hoffnungslos überdosiert, die (kumulativen) Effekte von BZD mit langen Halbwertszeiten werden ignoriert, Fehlindikationen werden mit Dosissteigerungen kompensiert, schließlich sind Medikamente in Gebrauch, die eigentlich aus dem Verkehr gezogen werden sollten.
Die wichtigste Maßnahme zur Prophylaxe eines perioperativen Delirs sind das Vermeiden und Behandeln von Hypoxie und Hypotension vor, während und nach einem Eingriff.
Sauerstofftherapie während des operativen Eingriffs und vor allem die nächtliche Sauerstofftherapie haben eine essentielle prophylaktische Wirkung (7,13). Pflegerische Maßnahmen zielen darauf ab, die Umgebung des Patienten vor Stressfaktoren zu schützen (nächtliches Licht, Lärm, Vermeiden von Schlafstörungen durch Routinehandlungen etc.). Es ist erwiesen, dass eine adäquate Pflege die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass ein Delir auftritt (15). Wann immer es möglich ist, soll der Patient im bestmöglichen Zustand zur Operation kommen. Metabolische Auslenkungen, Dehydratation, Herzversagen und Infektionen müssen aggressiv behandelt werden. Vitaminsupplemente sollen in prophylaktischer Zielsetzung nur Alkoholkranken oder anderweitig mangelernährten Individuen vorbehalten sein (7). Postoperativ sind die Patienten von Information abhängig. Es ist denkbar, dass durch ein Verfahren wie Conscious Sedation, in dem die Erfahrung der Zeitkontinuität erhalten bleiben kann, geringere Schwierigkeiten bei der Reorientierung auftreten. Auch Leung et al. (7) weisen darauf hin, dass es für die alten Patienten sehr wichtig ist, dass sie wieder in den Gebrauch ihrer Hilfsmittel (Brillen, Hörgeräte etc.) kommen, da diese für die Interaktion mit ihrer Umwelt notwendig sind. Literatur beim Verfasser
INHALTSVERZEICHNIS INTERNE & CHIRURGIE ATLS - Advanced Trauma Life Support u Polytrauma NEUROLOGIE GYN/ KINDER - NOTFÄLLE NOTFALLMEDIKAMENTE ÜBERSICHT/INHALTSVERZEICHNIS INVASIVES SONSTIGES ANION GAP - FORMEL EREIGNISSE GEFAHRENGUTUNFALL Literatur:ATLS; advanced trauma life support, American College of SurgeonsBrain Trauma Foundation, www.braintrauma.org Emedicine
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